Hilfsmittel bei Harninkontinenz
Den Alltag mit Blasenschwäche meistern
Eine große Zahl gerade älterer Menschen ist von einer sogenannten Harninkontinenz betroffen. Das Thema löst bei vielen von ihnen Schamgefühle aus, weshalb kaum jemand darüber spricht – auch nicht mit dem Arzt. Stattdessen greifen einige zu naheliegenden Hilfen wie Slipeinlagen oder Damenbinden, die für eine sichere Prävention jedoch nicht immer geeignet sind. Wir zeigen in diesem Beitrag, welche Mittel bei Inkontinenz helfen.
Die Formen der Inkontinenz sind vielfältig, so haben sich verschiedene Hilfmittel je nach Art der Blasenschwäche, nach Geschlecht und persönlicher Präferenz bewährt. Wichtig ist, dass die hier vorgestellten Inkontinenzhilfen die genaue Abklärung der Ursachen keinesfalls ersparen. Wir raten deshalb stets zu einer fachkundigen Behandlung durch einen Arzt.
Inkontinenzmittel versprechen keine Lösung des Problems, sondern helfen Betroffen vielmehr, wieder ohne Angst und Sorge ihren gewohnten Aktivitäten nachzugehen. Denn aus Furcht vor peinlichen Situationen ziehen sich viele Inkontinenzpatienten immer mehr aus dem alltäglichen Leben zurück.
Saugfähige Hilfsmittel
Der Klassiker unter den Inkontinenzmitteln sind sicherlich aufsaugende Inkontinenzhosen, Windeln oder Inkontinenzeinlagen. Die häufigsten Vertreter sind einteilige Systeme, aber es gibt beispielsweise bei Mehrwegprodukten auch zweiteilige Systeme bestehend aus Vorlage und Netzhose, die sich einzeln waschen lassen.
- Einlagen: Ähnlich Damenbinden werden sie in die Unterwäsche eingelegt und mit dem integrierten Klebestreifen fixiert.
- Vorlagen: Anders als Einlagen werden sie durch spezielle Fixierhosen richtig positioniert, eignen sich durch ihre Größe auch schwerere Inkontinenz
- Inkontinenzhosen: Sogenannte Pants mit integrierter Einlage, Auslaufschutz an den Seiten und elastischem Bund an Becken und Beinen
- Windeln: Auch Slips genannt, haben sie ein hohes Saugvolumen und lassen sich durch Klettverschlüsse leicht wechseln, was bei Bettlägerigkeit oder Rollstuhl sinnvoll sein kann
Das Wirkprinzip ist immer gleich: Ein innenliegendes Vlies schützt die Haut vor Reizungen und leitet austretenden Urin an einen extrem saugfähiger Kern aus flüssigkeitsbindenden Polymeren und Zellstoff, den sogenannte Superabsorber, weiter. Dieser wandelt Flüssigkeit in eine Art Gel, das auch unter Druck nicht auszulaufen droht. Er kann ein deutlich Mehrfaches seines eigenen Volumens binden, verhindert darüber hinaus den Abbau des Urins durch Bakterien und neutralisiert auf diese Weise unangenehme Gerüche. Zusätzlich schützt eine Außenfolie aus Polyethylen oder ähnlich die Kleidung vor Verschmutzung.
Je nach Schweregrad der Blasenschwäche kann eine dünne Einlage oder eine größere Vorlage mit Fixierhose notwendig sein. Dabei sollten Sie nach Anwendungsfall unterscheiden. Während tagsüber bei regelmäßigem Wechsel eine leichte und sehr diskrete Einlage ausreichend sein kann, ist unter Umständen nachts eine saugstärkere Windel und eine zusätzliche Inkontinenzauflage zum Schutz des Bettes nötig.
Ableitende Hilfsmittel
Ableitende Inkontinzenzprodukte fangen den Urin auf und leiten ihn durch einen Schlauch in einen Sammelbehälter wie einen Urin-, Bein- oder Bettbeutel oder die Toilette. Es wird im Wesentlichen zwischen Einmal-Kathetern und Dauerkathetern unterschieden. Es gibt aber auch spezielle Urinalkondome, die über den Penis gezogen auslaufenden Urin in einem Urinbeutel auffangen.
- Einmal-Katheter: Sie sind flexibel in der Handhabung und ohne Infektionsgefahr, da steril.
- Dauerkatheter: Einmal gesetzt sind sie relativ praktisch im Gebrauch, allerdings nur vom Arzt einsetzbar und entfernbar und mit hohem Infektionsrisiko.
- Urinalkondome: Komfortabler als Einmal-Katheter, da kein Schlauch in die Harnröhre eingeführt werden muss, allerdings verrutschen sie auch leicht.
Während Dauerkatheter den unkontrollierten Abfluss von Urin sicher entsorgen, werden Einmal-Katheter und Urinalkondome vor allem dazu verwendet, die Harnblase bei Bedarf zu entleeren (intermittierender Selbstkatheterismus). Das Katheterisieren gleicht hier dem klassischen Toilettengang und erhält Betroffenen ein Maximum körperlicher Aktivität und Flexibilität. Dazu ist jedoch einige Übung und auch Selbstdisziplin notwendig.
Funktionell-anatomische Hilfmittel
Für Patienten, die den eigenen Harndrang zwar noch verspüren, aber Urin beispielsweise aufgrund einer nach der Schwangerschaft abgesenkten Gebärmutter nicht mehr sicher halten können, gibt es Inkontinenzmittel, die den Verschluss durch den Beckenboden funkionell-anatomisch unterstützen. Dabei wird im Wesentlichen zwischen Techniken speziell für Frauen und für Männer unterschieden.
Inkontinenzmittel für Frauen
- Inkontinenztampons: Die einfachen Tampons aus Kunststoffschaum führen durch sanften Druck den Blasenhals in seine Ursprungsposition zurück.
- Pessare bei Blaseninkontinenz: Sie sind in verschiedenen Formen erhältlich und im Wirkprinzip ähnlich den Tampons. Vom Gynäkologen eingesetzte dauerhafte Einlagen können bis zu 6 Wochen in der Vagina verbleiben.
- Harnröhren-Plugs: Ein kleiner Ballon wird über einen individuell angepassten Silikonschlauch in die Harnröhre eingebracht und verschließt so die Blase.
Inkontinenzmittel für Männer
- Penisklemme: Die Inkontinenzklemme gibt es in diversen und sehr diskreten Ausführungen und Formen. Über einen Federmechanismus wird dabei von außen Druck auf den Harnleiter ausgeübt.
- Penisbändchen: Ein Klettband fixiert einen Ballon, der ebenfalls von außen auf den Harnleiter drückt. Anders als bei der Penisklemme wird durch langsames Ablassen der Luft die Harnröhre zum Wasserlassen vorsichtig geöffnet.
Je nach Situation das richtige Hilfsmittel
So unterschiedlich die Funktionsprinzipien der Inkontinenzmittel sind, so unterschiedlich sind die Vor-, aber auch die Nachteile. Das ideale Hilfsmittel bei Blasenschwäche gibt es sicherlich nicht. Inkontinenzpatienten sollten zu verschiedenen Anlässen verschiedene Möglichkeiten ausprobieren und je nach Anwendungsfall auf unterschiedliche Mittel zurückgreifen. Sport, Alltag, Reisen oder Schlaf erfordern jeweils eigene Lösungen und eben auch Kompromisse.