Bevor der Bremsweg in die Jahre kommt
Altersbedingte Fahruntüchtigkeit erkennen
Kaum eine Diskussion wird hitziger geführt als die um ein Fahrverbot im Alter. Während die einen unablässig das Klischee vom verwirrten Greis hinterm Steuer bemühen, verweisen die anderen auf ihre jahrelange Fahrpraxis, oftmals schon deshalb, weil sie keine Alternative zum Autofahren sehen. Dass mit zunehmenden Alter die Teilnahme am Straßenverkehr zur echten Gefahr für das eigene und das Leben anderer werden kann, steht leider außer Frage. Doch wie geht man im Zuge einer alternden Gesellschaft mit diesem Problem und dem berechtigten Bedürfnis nach Mobilität um?
Anders als die Gruppe der Fahranfänger fallen Senioren selten durch Rasen oder Drängeln auf. Sie sind auch bei Weitem nicht so häufig in Unfälle involviert. Die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen verursacht mehr als dreimal so viele Unfälle wie die der ab 75-Jährigen. Dabei stellt Letztere mit 11 Prozent gegenüber 8 Prozent einen erheblich größeren Bevölkerungsanteil – allerdings nicht im Verkehr. Gerade ältere Frauen haben oftmals gar kein eigenes Auto mehr und verzichten aufgrund fehlender Fahrpraxis und aus einem Gefühl der Unsicherheit ganz auf das Fahren.
Nicht ohne Grund, denn der Verkehr ist in den letzten Jahren wesentlich schneller, dichter und damit komplexer geworden. Viele Senioren kompensieren das durch gezielte Fahrten außerhalb des Berufsverkehrs, langsameres und umsichtigeres Fahren. Nur selten begehen sie Verkehrsdelikte durch überhöhte Geschwindigkeit, waghalsige Überholmanöver oder unter Alkoholeinfluss. Sind sie allerdings an einem Unfall beteiligt, so tragen sie in 75 Prozent der Fälle auch die Schuld.
Mit dem Alter nimmt die Unsicherheit zu
Oftmals sind es kleine, aber deutliche Anzeichen, dass es mit dem Autofahren nicht mehr so gut klappt: Das wiederholt übersehene Verkehrsschild, die verstärkten Probleme beim Einparken, … Eine Vielzahl von altersbedingten Veränderungen machen die Fahrt mit dem Auto zum Risiko:
- Augenkrankheiten wie Grauer Star, Glaukom oder Makuladegeneration beeinträchtigen das beim Autofahren wichtigste Sinnesorgan
- Altersschwerhörigkeit vermindert die Wahrnehmung von Motorengeräusch, Blinker oder Hupen anderer Verkehrsteilnehmer
- Arthrose macht selbst einfache Bewegungen wie das Drehen des Kopfes, Schalten oder Bremsen zur Qual
- auch leichte Medikamente wie Ibuprofen haben großen Einfluss auf die Reaktionsfähigkeit
- eine allgemein verlangsamte Wahrnehmung beeinträchtigt Orientierung, Reaktion und damit auch die Fahrtüchtigkeit
Wichtig für die eigene Sicherheit und die anderer: Lassen Sie sich regelmäßig von einem Arzt untersuchen, beobachten Sie sich selbst und gestehen Sie sich verminderte Fahrkompetenz ein. Meist weisen bereits Angehörige, nicht immer mit Fingerspitzengefühl, auf mögliche Defizite beim Fahren hin. Für eine objektive erste Einschätzung helfen die Checklisten der Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI):
Checkliste für Autofahrer zur Selbsteinschätzung
- Verlieren Sie beim Fahren manchmal die Orientierung?
- Haben Sie Schwierigkeiten, andere Verkehrsteilnehmer, Ampeln oder Verkehrszeichen zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren?
- Haben Sie Probleme, das Gas-, Kupplungs- oder Bremspedal zu betätigen?
- Hören Sie Motorengeräusche, Schaltung oder Signale anderer Verkehrsteilnehmer (manchmal) spät oder schlecht?
- Finden Sie es schwierig, den Kopf zu drehen und über Ihre Schulter zu blicken?
- Werden Sie im dichten Verkehr oder auf unbekannten Straßen nervös?
- Hupen andere Autofahrer häufig wegen Ihres Fahrverhaltens?
- Verursachen Sie in letzter Zeit häufiger kleinere oder „Beinahe“-Unfälle?
- Fühlen Sie sich beim Fahren unsicher?
- Werden Sie schläfrig oder wird Ihnen schwindelig, nachdem Sie Ihre Medikamente eingenommen haben?
Checkliste für Angehörige zur Einschätzung eines Autofahrers
- Verfährt sich oft, selbst auf bekannten Strecken.
- Hält bei Grün oder zur falschen Zeit an.
- Scheint andere Autos, Fußgänger oder Rad- und Motorradfahrer auf der Straße nicht wahrzunehmen.
- Fährt extrem langsam und unsicher, zum Beispiel auf der Autobahn oder fährt zu dicht auf.
- Befolgt Verkehrszeichen oder Ampelsignale nicht.
- Versäumt, die Vorfahrt zu beachten oder reagiert zu spät.
- Blinkt nicht vor dem Abbiegen oder Spurwechsel.
- Fährt sehr aggressiv oder ängstlich.
- Kontrolliert nicht den toten Winkel, bevor er die Fahrspur wechselt.
- Tritt gleichzeitig auf Gas- und Bremspedal oder verwechselt die Pedale.
- Hat Schwierigkeiten, mehrere Funktionen beim Fahren zu bedienen.
- Möchte wenden, nachdem er eine Ausfahrt verpasst hat. (Ausführung unbedingt vermeiden.)
- Verursacht kleinere oder „Beinahe“-Unfälle.
Machen Sie den Test
Der TÜV NORD und auch die DEKRA bieten einen sogenannten MobilitätsCheck. Der Test inklusive einer aussagefähigen leistungspsychologischen Untersuchung ist freiwillig, die Ergebnisse bleiben anonym. Bei Bedarf untersucht und berät Sie auch ein verkehrsmedizinisch erfahrener Arzt. Auch bei vielen Fahrschulen lässt sich die eigene Fahreignung testen.