Die wichtigsten Fragen und Antworten: Alles Wissenswerte zum Schwerbehindertenausweis

Menschen mit Behinderungen haben einen Anspruch auf Nachteilsausgleiche. Diese orientieren sich am jeweiligen Grad der Behinderung (GdB) und werden in Form eines Ausweises bescheinigt. Um einen Schwerbehindertenausweis beantragen zu können, muss der GdB bei mindestens 50 liegen.
Wir erklären alles Wichtige, was Sie zum Thema Schwerbehindertenausweis wissen müssen: Wie beantragen Sie einen solchen Ausweis? Welche Vorteile erhalten Sie damit? Und was genau ist mit Grad der Behinderung gemeint? Diese und viele weitere Fragen haben wir für Sie beantwortet.
Was ist ein Schwerbehindertenausweis?
Der Schwerbehindertenausweis ist ein bundesweit einheitlicher Nachweis, mit dem der Status als Mensch mit einer Schwerbehinderung und der Grad dieser Behinderung nachgewiesen werden. Der Ausweis enthält gegebenenfalls weitere Merkzeichen sowie die Dauer der Gültigkeit.
Das Vorlegen des Schwerbehindertenausweises ist außerdem erforderlich, wenn bestimmte Leistungen, zum Beispiel Nachteilsausgleiche, in Anspruch genommen werden sollen. Gesetzlich festgelegte Nachteilsausgleiche und bestimmte Rechte können gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Behörden und anderen Institutionen nur eingefordert werden, wenn der Schwerbehindertenausweis dazu berechtigt.
Merkmale des Schwerbehindertenausweises
Der Schwerbehindertenausweis wird seit 2015 als Plastikkarte in der Größe einer Bank- oder Kreditkarte ausgegeben und ist an seiner grünen Grundfarbe zu erkennen. Bei manchen Merkzeichen (siehe Liste der Merkzeichen unten) erhält der Ausweis eine zusätzliche orange Fläche. Diese orange-grüne Farbe zeigt an, dass der Grad der Behinderung Sie dazu berechtigt, kostenlos oder zu verminderten Preisen Busse und Bahnen im Nahverkehr zu nutzen.
Weitere Informationen, die der Schwerbehindertenausweis trägt, sind:
- der Name der betreffenden Person,
- ein Lichtbild (für Personen ab dem 10. Lebensjahr),
- ein Hinweis zur Schwerbehinderung in englischer Sprache,
- ein Hinweis zur Schwerbehinderung in Braille-Schrift.
Hinweis: Rechtsgrundlage für den Schwerbehindertenausweis
Die Rechtsgrundlage für den Schwerbehindertenausweis bilden § 152 des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) und die Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV). Maßgeblich für die Bewertung des Grads der Behinderung und damit für die Prüfung, ob die weiteren gesundheitlichen Voraussetzungen bestehen, die es für die Feststellung von Nachteilsausgleichen braucht, ist seit 1. Januar 2009 die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Damit sind die Anhaltspunkte für die Vergabe eines Schwerbehindertenausweises für Verwaltungen und Gerichte rechtlich bindend.
Wer hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis?
Die Voraussetzung für einen Schwerbehindertenausweis ist ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Das heißt, erst ab einem GdB von 50 gilt eine Person als schwerbehindert. Als Ausweisinhaber müssen Sie einen Wohnsitz in Deutschland nachweisen, in Deutschland arbeiten oder sich gewöhnlich in Deutschland aufhalten.
Der GdB bzw. der Umfang der Einschränkung wird in Zehnergraden von 20 bis 100 eingeordnet. Ab einer Funktionseinschränkung von einem GdB von 20 wird von einer Behinderung gesprochen. Menschen mit einem GdB von 30, aber unter 50 sind schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Sie haben allerdings keinen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis – auch wenn sie aufgrund ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz finden oder behalten können.
Hinweis: Wie definiert das Sozialgesetzbuch „Behinderung“?
Das Neunte Sozialgesetzbuch definiert „Behinderung“ in §2 Abs. 1 SGB IX wie folgt:
„Menschen mit Behinderung sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.“
Was bedeuten die Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis?
Der Schwerbehindertenausweis berechtigt unter Umständen dazu, verschiedene Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen zu können. Diese gesetzlich geregelten Ausgleiche gelten für viele Bereiche und reichen von Steuererleichterungen (zum Beispiel durch den Behindertenpauschbetrag) über Mobilitätshilfen bis zu besonderem Kündigungsschutz im Arbeitsleben.
Diese Nachteilsausgleiche richten sich nach der Höhe des Grades an Behinderung, der Art der Behinderung oder der Zuteilung bestimmter Merkzeichen. Die Merkzeichen werden ebenfalls in den Schwerbehindertenausweis aufgenommen. Was sie im Einzelnen bedeuten, haben wir für Sie zusammengetragen:
Merkzeichen | Bedeutung |
G | Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung |
H | Hilflos |
Bl | Blind |
Gl | Gehörlos |
B | Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen |
TBl | Taubblind |
RF | Ermäßigung des Rundfunkbeitrags um 2/3 auf Antrag |
1. Kl | 1. Klasse; berechtigt zur Nutzung der 1. Klasse in der Deutschen Bahn mit einer Fahrkarte für die 2. Klasse |
Zuständig für die Feststellung, ob ein Merkzeichen zugeteilt werden kann oder nicht, ist das Versorgungsamt. Durch die Anhaltspunkte aus der Versorgungsmedizin-Verordnung gibt es bei verschiedenen Merkzeichen Abstufungen bzw. verschiedene Begründungen. Das Merkzeichen „Bl“ für Blindheit können beispielsweise auch Ausweisinhaber erhalten, deren Sehschärfe so gering ist, dass sie sich in unvertrauten Umgebungen nicht ohne fremde Hilfe zurechtfinden können.
Die Voraussetzungen für das Merkzeichen „Gl“ für Gehörlosigkeit sind
- entweder Taubheit beider Ohren oder
- eine Hörbehinderung mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit auf beiden Ohren einerseits und eine schwere Sprachstörung andererseits.
Als Sprachstörung gilt dabei ebenfalls eine schwer verständliche Lautsprache oder ein geringer Wortschatz. Beim Merkzeichen „TBl“ muss das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von mindestens 70 aufgrund einer Störung der Hörfunktion sowie einen Gdb von 100 aufgrund einer Störung des Sehvermögens feststellen.
Mehr Informationen zu den verschiedenen Nachteilsausgleichen bietet die Seite einfach-teilhaben.de des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Der Schwerbehindertenausweis berechtigt nicht zur Nutzung markierter Behindertenparkplätze – das erfordert einen speziellen Parkausweis für Behinderte. | © Björn Wylezich – stock.adobe.com
Gibt es weitere Vorteile mit dem Schwerbehindertenausweis?
Die Nachteilsausgleiche sind von Gesetz wegen festgeschrieben. In vielen Einrichtungen gibt es bei Vorlage des Schwerbehindertenausweises zusätzlich Vergünstigungen auf freiwilliger Basis. Freizeiteinrichtungen und kulturelle Institutionen bieten in vielen Fällen Ermäßigungen für Menschen mit Schwerbehinderung an.
Die Eintrittspreise für Museen, Kinos, Schwimmbäder und ähnliche Einrichtungen werden dadurch für die betroffenen Personen oder gelegentlich auch Begleitpersonen günstiger. Ein rechtlicher Anspruch wie bei den Nachteilsausgleichen besteht jedoch nicht.
Hinweis: Parken auf Behindertenparkplätzen
Der Schwerbehindertenausweis allein reicht nicht aus, um Behindertenparkplätze nutzen zu dürfen. Dazu ist ein spezieller Parkausweis erforderlich, der nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgestellt wird. Die Ausnahmegenehmigung in Form des blauen EU-Parkausweises kann bei der zuständigen örtlichen Straßenverkehrsbehörde beantragt werden. Voraussetzung sind die Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) und „Bl“ (Blind).
Ansonsten gewährt der orangefarbene Ausweis Menschen mit Behinderungen verschiedene Parkerleichterungen. Dieser Ausweis berechtigt aber ebenfalls nicht dazu, die ausgeschilderten Behindertenparkplätze zu verwenden.
Wie beantragen Sie einen Schwerbehindertenausweis?
Verantwortlich für das Ausstellen von Schwerbehindertenausweisen ist das zuständige Versorgungsamt. Dort stellen Sie Ihren Antrag, der anschließend geprüft wird. Wir erklären Ihnen, worauf Sie bei Ihrer Antragstellung achten müssen.
Schritt 1: Gespräch mit dem Hausarzt
Ihr Hausarzt ist in der Regel am besten über Ihren Gesundheitszustand informiert und kann deshalb auch als erster abschätzen, ob Sie womöglich die Voraussetzungen für einen Schwerbehindertenausweis erfüllen. Bei Ihrem Hausarzt erhalten Sie unter anderem auf Ihren Wunsch eine Stellungnahme, in dem Ihr gesundheitlicher Zustand beschrieben wird. Diese können Sie Ihrem Antrag beilegen.
Darüber hinaus bietet der Hausarzt Hilfe bei erforderlichen Nachweisen und Attesten. Weil er ohne Ihre Zustimmung keine Daten weitergeben darf, sollten Sie Ihren Arzt in dieser Angelegenheit schriftlich von seiner Schweigepflicht befreien. Unter Umständen erhalten Sie passende Vordrucke bei dem für Sie zuständigen Versorgungsamt.
Zudem ist es möglich, dass Sie bei der Antragstellung für Ihren Schwerbehindertenausweis zustimmen müssen, um dem Amt den Kontakt zu behandelnden Ärzten zu gestatten. Das kann im Zuge der Entscheidung über Ihren Antrag notwendig werden.
Schritt 2: Medizinische Dokumente und Nachweise zusammenstellen
Eine Untersuchung im Versorgungsamt gehört nicht zum Antragsprozedere. Entschieden wird auf Basis von eingereichten Nachweisen. Dazu gehören Dokumente, die alles belegen, was Sie in Ihrem Alltag einschränkt.
Die relevanten Unterlagen, die Sie beim Versorgungsamt mit Ihrem Antrag einreichen sollten, sind unter anderem:
- Unterlagen von Ärzten, Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen
Hierunter fallen Befunde und Gutachten der behandelnden Ärzte, Dokumente zu Krankenhaus- und/oder Reha-Aufenthalten oder EKG-/Laborberichte und ähnliches.
- Bestehende amtliche Gutachten
Damit sind beispielsweise Gutachten der Kranken- und Pflegekasse, dem Bezirksamt, Rententrägern, der Agentur für Arbeit oder ähnlichen Stellen gemeint.
- Anerkennungsbescheide
Anerkennungsbescheide betreffen unter anderem Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten oder Schädigungen durch Kriegs-, Wehr- oder Zivildienst. Ausgestellt werden sie von Berufsgenossenschaften, Versorgungsämtern, der Unfallkasse etc.
- Bereits gestellte Anträge
Haben Sie bereits bei anderen sozialen Leistungsträgern Anträge auf Leistungen gestellt, sollten Sie die Informationen dazu ebenfalls im Antrag für Ihren Schwerbehindertenausweis angeben. Legen Sie dem Antrag dazu die Namen der zuständigen Behörden, Geschäftszeichen des Antrags und ähnliche relevante Informationen bei.
Sollten Sie eine Sonder- oder Förderschule besuchen oder in einer Werkstätte für Menschen mit Behinderungen tätig sein, geben Sie Name und Anschrift der Einrichtung an.

Die Antragsformulare für den Schwerbehindertenausweis sind je nach Bundesland unterschiedlich, der Antrag ist oft aber auch online möglich. | © nmann77 – stock.adobe.com
Schritt 3: Antrag für Ihr Bundesland finden
Die Anträge für einen Schwerbehindertenausweis (bzw. die Anträge auf Feststellung des Grades der Behinderung) werden bei den nach Landesrecht zuständigen Behörden gestellt. In der Regel sind dies die Versorgungsämter.
Die Antragstellung ist nicht in jedem Bundesland gleich. Informieren Sie sich deshalb vor der Antragstellung, welches Formular in Ihrem Fall das richtige ist. Eine Übersicht bietet unter anderem die Seite schwerbehindertenausweis.de, die von Seh-Netz e.V. betrieben wird. Dort sind die zuständigen Ämter für die verschiedenen Landkreise, Gemeinden und Städte zu finden. Die Informationen können Sie aber ebenso bei Ihrem zuständigen Bürgerbüro erfragen.
Auf einfach-teilhaben.de besteht die Möglichkeit, die erforderlichen Formulare für das jeweilige Bundesland direkt herunterzuladen. In den meisten Bundesländern ist es außerdem möglich, den Antrag direkt online zu stellen.
Für die Bearbeitung des Antrags und die Entscheidung benötigen die Ämter zwischen drei und sieben Wochen. Bei einem positiven Bescheid, erhalten Sie Ihren Schwerbehindertenausweis in Form einer Scheckkarte.
Wie lange ist ein Schwerbehindertenausweis gültig?
Die Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises ist in der Regel auf maximal fünf Jahre beschränkt. Sofern sich die Voraussetzungen nicht ändern (d. h., wenn der Grad der Behinderung etc. weiterhin besteht), kann der Ausweis zweimal verlängert werden.
Dabei ist es sinnvoll, sich rechtzeitig an das zuständige Amt zu wenden – am besten etwa drei Monate vor dem Ablauf des Ausweises. Da die neuen Ausweise in Scheckkartenform nicht mehr, wie die alten, über Verlängerungsfelder verfügen, wird bei einer Verlängerung ein neuer Schwerbehindertenausweis ausgestellt.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein unbefristeter Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden. Dabei handelt es sich jedoch um Ausnahmefälle, in denen eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustands und des GdB nicht zu erwarten ist.
Müssen Änderungen des Gesundheitszustands angegeben werden?
Sollte sich Ihr Gesundheitszustand wesentlich verändern, sind Sie verpflichtet, dies dem Versorgungsamt mitzuteilen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Ihnen besser oder schlechter geht – in beiden Fällen wird neu über Ihren Grad der Behinderung entschieden. Das heißt, der GdB wird angepasst, ebenso wie die Merkzeichen in Ihrem Schwerbehindertenausweis.
Hinweis: Umzug unbedingt beim Versorgungsamt melden
Nicht nur Veränderungen Ihres Gesundheitszustandes, sondern auch einen Umzug an einen neuen Wohnort müssen Sie beim Versorgungsamt melden. Zeigen Sie Ihren Schwerbehindertenausweis und gegebenenfalls den Feststellungsbescheid bei dem Versorgungsamt vor, das nach Ihrem Umzug für Sie zuständig ist.
Dieses fordert mit Hilfe Ihrer persönlichen Daten und dem zugehörigen Geschäftszeichen Ihre Akte beim bisherigen Versorgungsamt an und gibt dann einen neuen Schwerbehindertenausweis mit dem neuen Geschäftszeichen aus.