Senioren im ÖPNV unterwegs
Tipps für eine sichere Nutzung von Bus und Bahn
Für einen gesunden Mobilitätsmix kommen ältere Menschen am Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht vorbei. Wir geben Tipps, wie Sie sich souverän und ohne Stress durch die Stadt und auch übers Land chauffieren lassen.
Mit einem Anteil von zwei Dritteln an allen Wegen nutzen Senioren im Vergleich zu anderen Altersklassen das Auto besonders intensiv. Doch wer im Alter mobil bleiben will, kann sich allein auf das Auto nicht verlassen. Mit den Jahren nehmen gesundheitliche Einschränkung immer weiter zu, die schon aus Gründen der eigenen und der Sicherheit anderer irgendwann die Teilnahme am motorisierten Individualverkehr verbieten. Viele stehen dann ohne Alternative da und ziehen sich deshalb zunehmend vom gesellschaftlichen Leben zurück. Umso wichtiger ist es, bereits frühzeitig den souveränen Umgang mit Bussen und Bahnen zu trainieren.
Um den Umstieg so attraktiv wie möglich zu gestalten, bieten viele Verkehrsverbünde spezielle Seniorentickets, auch die Deutsche Bahn bietet Sparpreise für Fahrgäste über 65 Jahren und immer mehr Gemeinden geben kostenlose Jahrestickets aus, wenn Ältere dafür ihren Führerschein abgeben. Letzteres Angebot wird besonders von den über 80-Jährigen angenommen, also tendenziell spät. Dabei kann Mobilität so unbeschwert sein, wenn der Frust im Stau, die lästige Parkplatzsuche oder die Frage, wer am Abend zurückfährt, einfach entfällt. Wir laden Sie ein, es einfach mal auszuprobieren, und haben für den Start ein paar hilfreiche Tipps.
Bereiten Sie Fahrten gut vor
Gerade als Neuling kann es notwendig sein, sich Fahrpläne, Tarifstrukturen und größere Umsteigebahnhöfe in aller Ruhe anzuschauen. Für den Führerschein nehmen sich junge Leute Monate Zeit, beim neuen Auto lassen sich Käufer ausführlich beraten und studieren zur Sicherheit noch einmal das Handbuch. Nur der ÖPNV, ein logistisch hochkomplexes, bis ins Feinste abgestimmtes Räderwerk, soll selbsterklärend sein? Klar müssen Sie bei Ausfall der Bahn nicht für den Schienenersatzverkehr sorgen, aber zu wissen, welche Strecken beispielsweise wegen häufigerer Bauarbeiten kritisch sind, wo man sich über Störungen informieren kann und wo gemeinhin Ersatzbusse abfahren, macht eindeutig gelassener.
1. Ein Plan vom Fahrplan
Für die grobe Übersicht sollten Sie sich einmal den Netzplan Ihres Verkehrsverbundes näher anschauen, ausdrucken und zukünftig bei sich tragen. So können Sie ungestört flanieren gehen und den Ausgangspunkt komplett aus den Augen verlieren. Springen Sie einfach an anderer Stelle wieder auf. Für häufiger genutzte Strecken holen Sie sich am besten den Fahrplan der entsprechenden Linie. Sowohl Netzplan als auch Streckenfahrplan gibt es am Servicepunkt Ihrer Verkehrsverbundes oder im Internet.
Zum schnellen Nachschlagen haben sich Apps wie die Öffi Fahrplanauskunft oder der DB Navigator bewährt. Sie sind mit den Fahrplänen der regionalen Verkehrsverbünde abgestimmt und bieten den Vorteil grenzübergreifender Mobilität. Aber auch die App-Angebote regionaler Betreiber sind eine gute Informationsquelle und punkten mitunter durch einen integrierten Mobilitätsmix zum Beispiel durch Buchungsmöglichkeiten des nächstgelegenen CarSharing-Autos, eines Mietrades oder Ruftaxis.
2. Orientierung im Tarife-Dschungel
Die Einführung des 9-Euro-Tickets hat gezeigt: Die Vorbehalte gegenüber dem ÖPNV sind keine Frage der Bequemlichkeit, sondern oftmals eine Frage des Preises. Und der ist nicht unbedingt zu teuer, sondern einfach nur viel zu kompliziert. Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld einmal gründlich zu informieren. Machen Sie sich mit den Tarifzonen in Ihrem Verkehrsverbund vertraut. Schauen Sie nach besonderen Angeboten für Senioren, prüfen Sie die Kosten für Tages-, Wochen- oder Monatskarten und vergleichen Sie diese mit Ihren üblichen Wegen. Mit einer Dauerkarte in der Tasche, ist die Nutzung des ÖPNV nur noch halb so diffizil.
Um Kosten zu sparen, lohnen sich auch Sammelkarten, aber vermeiden Sie, vor jeder Fahrt den Automaten am Bahnsteig zu konsultieren. Das ist mühselig und bereitet Stress, wenn andere auf die gleiche Idee kommen sollten. Sie tanken Ihr Auto auch nicht nur zwischen 19 und 20 Uhr oder sonntags, wenn die Preise am niedrigsten sind. Wer sich gar nicht mehr um Tarife kümmern möchte, kann Apps wie Fairtiq nutzen: Vor dem Einsteigen aktivieren, nach dem Aussteigen wieder abschalten – Sie bezahlen immer den günstigsten Tarif. Leider ist diese bequeme Art der Abrechnung derzeit nur in ausgewählten Regionen Deutschlands und Österreichs möglich.
3. Persönliche Starthilfe
Als Einstieg kann ein Mobilitätstraining dabei helfen, Unsicherheiten abzubauen. So laden viele Verkehrsunternehmen regelmäßig zu Kursen für Menschen mit Handicap, in denen beispielsweise der eigenständige Zu- und Ausstieg bei Niederflurbahnen oder -bussen trainiert wird. Das Angebot gliedert sich oft in Anfänger- und Fortgeschrittenenkurse und berücksichtigt so auch den individuellen Kenntnisstand. Zielgruppe sind vor allem:
- Rollstuhlfahrer
- Sehbehinderte
- Blinde
- Gehbehinderte
- generell mobilitätseingeschränkte Personen
- Begleitpersonen wie Angehörige oder Betreuungspersonen
Dabei haben gerade alte Leute und Menschen mit Behinderungen einen erhöhten Hilfebedarf. Deshalb bieten einige Verkehrsunternehmen einen Begleitservice. Bei rechtzeitiger Anmeldung bringt dieser einen von Tür zu Tür, hilft beim Fahrkartenkauf und der Planung der Fahrtroute. Zumindest in der Anfangsphase und bei völlig unbekannten Strecken kann diese Dienstleistung ein Segen sein.
Behalten Sie während der Fahrt die Augen offen
Vorbereitung ist das eine. Aber auch während der Fahrt ist es sicherlich hilfreich, die Kontrolle zu behalten. Durch den wuseligen Verkehr steuert Sie zwar ein Chauffeur. Ob Sie am richtigen Ziel und wohlbehalten ankommen, liegt dennoch weiter in Ihrer Verantwortung.
1. Fahrplan prüfen
Kontrollieren Sie an der Haltestelle noch einmal Abfahrtsort und -zeit. Durch saisonale Fahrplanänderungen kann es zu Diskrepanzen zwischen Ihren Erwartungen und dem tatsächlichen Verlauf kommen. Gerade Feiertage, Schulferien, Streiks und Baustellen machen einem öfters einen Strich durch die Rechnung. Der frühzeitige Blick auf den Haltestellenaushang vermeidet unnötige Wartezeiten und gibt Spielraum für alternative Fahrtangebote.
2. Helfen lassen
Mitunter sind Informationen zu kurzfristigen Fahrplanänderungen nur schwer verständlich. Scheuen Sie sich nicht, andere Menschen anzusprechen. Viele Pendler sind ÖPNV-Profis und helfen Ihnen gern weiter. Suchen Sie deshalb immer die Nähe zu anderen Menschen. Mitunter bekommen Sie so überhaupt erst wichtige Infos mit.
Sollten Sie allein an der Haltestelle sein, gibt es zumindest in größeren Städten sogenannte Informationssäulen oder Sprechfunkstellen, wo Ihnen von fern geholfen werden kann. Vergewissern Sie sich zur Sicherheit nochmals beim Fahrer, ob Sie in das richtige Verkehrsmittel steigen.
3. Nähe zum Ausstieg
Einerseits gibt der Sitzplatz am Fenster einen guten Überblick zur aktuellen Lage, andererseits ist es bei vollen Verkehrsmitteln von hier aus schwieriger, kurzfristig den Ausgang zu erreichen. Zudem sind hier keine Haltegriffe, weshalb sich ein Sitzplatz am Gang eher empfiehlt.
In Bussen und Straßenbahnen gibt es einen eigenen Bereich für gehbehinderte Menschen, der zudem mit einem Knopf dem Fahrer den Wunsch eines länger dauernden Ausstiegs signalisiert. Gerade in überfüllten Verkehrsmitteln sollten Sie dennoch bereits eine Station früher den Weg zum Ausgang suchen, damit Sie am eigentlichen Haltepunkt schon näher an der Tür sind.
Beziehen Sie alternative Beförderungsangebot mit ein
Der ÖPNV ist Teil eines immer weiter ausgebauten Mobilitätsmixes, der sich dank seiner Flexibilität nahtlos mit anderen Beförderungsmethoden kombinieren lässt. Wenn Sie sicher im ÖPNV sind, nehmen Sie die nächste Stufe.
1. Taxinutzung
Für die letzte Meile bis zum Zielort kann es sinnvoll sein, auf ein Taxi zurückzugreifen. Wer komplett auf ein Auto verzichtet spart eine Menge Geld, sodass eine gelegentliche Taxifahrt kein allzu großes Loch in die Tasche reißen dürfte.
Manche Gemeinden bieten auch sogenannte Seniorentaxis, die ältere Menschen zu vergünstigten Konditionen befördern und so dauerhaft gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Mitunter sind diese Taxis auch mit erhöhten Sitzen für einen besseren Ein- und Ausstieg ausgestattet oder mit elektrisch betriebener Rampe am Heck. So können auch Elektrorollstuhlfahrer mitgenommen werden.
2. Mitfahrgelegenheiten
Immer mehr Gemeinden vor allem auf dem Land organisieren Mitfahrplattformen, die lokale Mitfahrgelegenheiten innerhalb der weiteren Nachbarschaft vermitteln. Vorteil: Man kommt auch bei geringerer Bustaktung zu individuellen Zeiten ans Ziel und ins Gespräch. Sollte es keine Initiativen vor Ort geben, können Sie eine solche selbst organisieren. Die Heimatgemeinde hilft in der Regel durch entsprechende Förderanträge und die notwendige Öffentlichkeitsarbeit bereitwillig mit.
Fazit
Das Thema ÖPNV ist sehr weitläufig und reicht mancherorts bis in Carsharing-Angebote hinein. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig mit den vielfältigen Möglichkeiten einer Nutzung vertraut zu machen. Das kann am Anfang nur die Strecke zum wöchentlichen Stammtisch sein. Hat man Routine, ist der nächste Schritt nicht mehr sonderlich kompliziert und die eigene Reichweite trotz einer möglichen Seh- oder Gehbehinderung auf viele Jahre garantiert. Allein auf das Auto zu setzen, stellt sich im hohen Alter häufig als Sackgasse heraus.
Bislang erschienen
Teil 1 – Im Alter ohne Auto abgehängt? Mobilität als ein Stück Lebensqualität
Teil 2 – Die Angst fährt mit. Viele Ältere fühlen sich im heutigen Verkehr verloren
Teil 3 – Senioren im ÖPNV unterwegs. Tipps für eine sichere Nutzung von Bus und Bahn
Teil 4 – Ein Rad für alle Fälle. Auch im Alter mobil dank Fahrrad