Hörgeräte und andere Hörhilfsmittel
Wirksame Unterstützung – nicht nur im Alter

Schwerhörigkeit ist keine reine Alterserscheinung, auch wenn der fortschreitende Verlust der Hörfähigkeit mit dem Alter einhergeht. Für die meisten Menschen beginnt das Nachlassen des Gehörs bereits zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, für viele bereits deutlich früher.
Unabhängig davon, wie stark die Hörbeeinträchtigung ausgeprägt ist, welche Ursache dahintersteckt oder wie alt die betroffene Person ist – immer bedeutet der Hörverlust eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität. Deshalb gibt es inzwischen für die unterschiedlichen Formen der Schwerhörigkeit, für verschiedene Altersgruppen und Einsatzbereiche eine breite Palette an Hörgeräten und Hörhilfen. Wir stellen die wichtigsten vor.
Schwerhörigkeit ist kein Altersproblem
Hören ist ein ebenso wichtiger wie alltäglicher Sinn, der eine Verbindung zu unserer Umwelt und den Menschen um uns herum herstellt. Ebenso alltäglich sind inzwischen auch Hörbeeinträchtigungen unter Menschen ab 14 Jahren.
Schätzungen des Deutschen Schwerhörigenbundes e. V. (DSB) haben ergeben, dass die Zahl der Betroffenen von Hörschädigungen in Deutschland bei rund 19 Prozent liegt. Das entspricht etwa 16 Millionen Menschen. Davon sind knapp über 7 Prozent hochgradig schwerhörig.
Alterungsprozesse beeinflussen die Hörfähigkeit – aber nicht nur
Einer der Hauptgründe für die nachlassende Hörfähigkeit sind in der Tat Alterungsprozesse. Diese setzen aber nicht erst im hohen Alter ein, sondern zeigen sich bereits ab dem 40. bis 50. Lebensjahr.
Verantwortlich hierfür sind Verschleißerscheinungen an den Haarzellen, dem Hörnerv und im Hörzentrum. Schließlich sind unsere Ohren rund um die Uhr im Einsatz und nehmen selbst während der Nachtruhe noch Umgebungsgeräusche wahr.
Hörverluste werden aber nicht nur durch das Alter verursacht. Heute sind Lärmbelastungen von klein auf keine Seltenheit, sei es durch Verkehrslärm, Medienkonsum oder ähnliches. Weitere Ursachen für Hörbeeinträchtigungen sind beispielsweise bestimmte Medikamente, der Konsum von Nikotin oder Erkrankungen wie Diabetes.
Hörverlust in seinen verschiedenen Abstufungen ist dadurch eine der häufigsten körperlichen Erkrankungen – und keineswegs auf alte Menschen beschränkt.
Anzeichen für einen beginnenden Hörverlust
Meist nimmt die Hörfähigkeit mit fortschreitendem Alter langsam ab. Viele Menschen bemerken diesen schleichenden Prozess daher nicht oder erst spät – weil manche Anzeichen gar nicht als solche erkannt werden. Mögliche Hinweise auf eine verminderte Hörleistung können sein:
- Umgebungs- und Naturgeräusche (etwa Vogelgezwitscher) werden überhört.
- Telefonklingeln oder die Haustürklingel werden nicht wahrgenommen.
- Bei Gesprächen sind häufige Nachfragen nötig, andere Gesprächsteilnehmer scheinen zu nuscheln.
- Vor allem in lauteren Umgebungen fällt es schwer, einem Gespräch zu folgen.
- Die Lautstärke von Fernseher oder Radio ist immer sehr hoch eingestellt.
Was sind Hörhilfen?
Hörhilfen sind „technische Hilfen, die angeborene oder erworbene Hörfunktionsminderungen, die einer kausalen Therapie nicht zugänglich sind, möglichst weitgehend ausgleichen“ – so definiert es das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands. Grundsätzlich verstärken und modulieren Hörgeräte dazu den Schall vor dem Innenohr.
Das bedeutet, die akustischen Signale werden bereits vor dem eigentlichen Sinnesorgan des Ohres so verarbeitet und so trotz des Funktionsdefizits beim Hören wieder wahrgenommen. Auf diese Weise soll es den Betroffenen möglich sein, selbst bei Umgebungsgeräuschen oder in Gruppen mit mehreren Personen ihr Sprachverstehen zu behalten.
Wie funktionieren Hörgeräte?
Bei Hörgeräten werden zwei grundlegende Formen unterschieden: Luftleitungshörgeräte und Knochenleitungshörgeräte. Sie leiten Umgebungsgeräusche auf unterschiedliche Weise an das Innenohr weiter. Im Fall von Knochenleitungshörgeräten werden sie nicht mit Schall, sondern über starke Vibrationen übertragen. Diese Hörhilfen werden deshalb nicht in den äußeren Gehörgang eingesetzt, sie sitzen vielmehr hinter dem Ohr direkt auf dem Schädelknochen.
Trotz dieser Unterschiede gibt es im Aufbau und der Funktionsweise aber Gemeinsamkeiten – schließlich ist die Zielsetzung in beiden Fällen gleich. Zur Ausstattung von Hörgeräten gehören diese Komponenten:
- Richtmikrofone nehmen den eingehenden Schall auf, etwa bei einem Gespräch. Er wird dann in elektrische Impulse umgewandelt und an einen Verstärker weitergeleitet.
- Verstärker machen das, was ihr Name bereits sagt – sie verstärken die akustischen Signale, die Betroffene von Schwerhörigkeit nicht mehr wahrnehmen.
- Lautsprecher übermitteln die modulierten und/oder verstärkten Töne an das Innenohr.
Digitale Hörgeräte haben anstelle eines Verstärkers einen leistungsstarken Mikrochip, der nicht nur die Eingangssignale verstärkt, sondern diese auch sofort verarbeitet. Er sorgt so zum Beispiel dafür, dass keine Störgeräusche weitergegeben werden. Solche Modelle bieten außerdem den Vorteil, die Hörgeräte individuell programmieren zu können.

Hörgeräte lassen sich in vielerlei Hinsicht an die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Hörverlust anpassen. | © patoouupato – stock.adobe.com
Für wen sind Hörgeräte geeignet?
Hörgeräte sind prinzipiell für jede Person geeignet, die schwer hört oder störende Ohrgeräusche wie Tinnitus wahrnimmt. Sie sind also keineswegs nur für ältere Menschen vorgesehen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Hörminderung mit dem Alter größer wird.
Wichtiger als das Alter ist es daher, die Hörhilfe an die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände des Betroffenen anzupassen. Das betrifft nicht nur den Grad und die Art der Schwerhörigkeit, sondern genauso Fragen nach Arbeitsumgebung oder Freizeitgestaltung und vielen Faktoren mehr.
Menschen, deren Schwerhörigkeit durch Probleme im Bereich von Außen- oder Mittelohr verursacht wird (sogenannte Schallleitungs- oder kombinierte Schwerhörigkeit), benötigen beispielsweise eine Hörhilfe mit Knochenleitung. Wer sportlich noch sehr aktiv ist, benötigt eine entsprechend robuste und widerstandsfähige Hörhilfe.
Moderne Hörgeräte sind in so vielen Varianten erhältlich, dass sie problemlos auf die jeweiligen persönlichen Anforderungen abgestimmt werden können.
Hörhilfen im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands (PG 13 – Hörhilfen)
Das Hilfsmittelverzeichnis unterscheidet eine Reihe von Kategorien von Hörhilfen. Neben den hier bereits aufgezählten, sind das unter anderem:
- Geräte mit teilimplantierten Schallaufnehmern
- Kinnbügelhörer/Hörverstärker
- Ohrpassstücke allgemein
- Hörgeräte für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit
- Hörgeräte für Versicherte mit nicht an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit
- Tinnitusgeräte
- implantationsfreie Knochenleitungshörgeräte mit Anpresskraft
- implantationsfreie Knochenleitungshörgeräte ohne Anpresskraft
Hörhilfen und Hörgeräte: Ein kurzer Überblick über die Modellvielfalt
Das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands umfasst in der Produktgruppe 13 (PG 13) unter Hörhilfen insgesamt mehr als 26.000 Produkte. Obwohl zu dieser Liste eine Reihe älterer Modelle und Signalanlagen gehören, zeigt sich dennoch, dass die Auswahl an Hörhilfen und Hörgeräten groß ist. Bei luftleitenden Geräten gibt es zwei Kategorien: Hörgeräte hinter dem Ohr (HdO) und Hörgeräte im Ohr (IO). Beide Grundformen sind in verschiedenen Varianten erhältlich.
Wir stellen einige der Modelle vor und erläutern ihre jeweiligen Vor- und Nachteile.
Hörgeräte hinter dem Ohr
HdO-Modelle bestehen aus drei Komponenten. Das Gehäuse sitzt hinter der Ohrmuschel und umfasst alle technischen Bauteile wie Mikrofon, Verstärker, Batterie etc. Das Ohrpassstück (Otoplastik) sitzt direkt im Gehörgang und ist mit dem Gehäuse durch einen Schlauch verbunden, der die akustischen Signale ans Innenohr weiterleitet. Es gibt zwischen den Modellen jedoch Unterschiede.
- HdO mit passgenauem Ohrstück (Behind-the-Ear, BTE)
Die klassische Form des HdO ist prinzipiell für alle Arten des Hörverlustes geeignet, bietet eine hohe Verstärkung mit vielen Funktionen bei einfacher Bedienung. Die Geräte sind robust und leicht zu reinigen. In der Regel verfügen sie über eine lange Batterielaufzeit.
Das hinter dem Ohr sitzende Gehäuse macht die Nutzung für Brillenträger allerdings schwierig. Das Ohrpassstück kann sich anfänglich unangenehm anfühlen, als wäre das Ohr verstopft. - HdO mit Empfänger im Ohr (RITE) oder Empfänger im Gehörgang (RIC)
Die Alternative zu klassischen Modellen sind HdO-Geräte, bei denen der Empfänger nicht im Gehäuse hinter dem Ohr sitzt. Stattdessen befindet er sich entweder im Ohr (RITE = receiver in the ear) oder direkt im Gehörgang (RIC = receiver in the canal).
Diese Varianten weisen die gleichen Vorteile wie klassische HdO-Modelle auf, eignen sich aber in erster Linie für leichten bis mittelschweren Hörverlust. Bisweilen sind die Lautsprecher anfällig für Feuchtigkeitsschäden. - Mini-HdO
Inzwischen sind HdO-Geräte auch als Mini-Varianten verfügbar, das Gehäuse ist dann nahezu unsichtbar hinter dem Ohr und der Empfänger im Ohr möglichst klein. Ein dünner Schlauch sorgt ebenfalls dafür, dass das Hörgerät kaum auffällt.
Dadurch sind diese Modelle sehr diskret, während sie ebenfalls eine hohe Verstärkung der akustischen Signale und einen natürlichen klang bieten. Die Handhabung erfordert aufgrund der geringen Größe jedoch einige Fingerfertigkeit.

Hörhilfen gibt es in zahlreichen Varianten – von Hinter-dem-Ohr-Modellen bis zu Im-Ohr-Geräte oder Implantaten. | © ninelutsk – stock.adobe.com
Hörgeräte im Ohr
Bei IO-Hörgeräten sind alle technischen Komponenten in einer Kompakteinheit verbaut. Diese kann unterschiedlich groß sein, was wiederum Einfluss darauf hat, wo genau die Hörhilfe sitzt.
Unabhängig davon haben diese Geräte den Vorteil gegenüber Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten, dass der verstärkte Schall einen kürzeren Weg zum Innenohr zurücklegen muss. Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad. Allerdings sind der Technik wegen der engen Platzverhältnisse im Ohr bzw. Gehörgang Grenzen gesetzt. Das betrifft die technische Komplexität ebenso wie die mögliche Verstärkerleistung. Bei hochgradiger oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit eignen sich IO-Hörgeräte deshalb nicht.
- Im-Ohr-Geräte
ITE-Geräte (in the ear) oder auch Concha-Geräte sitzen in der Ohrmuschel, wodurch sie fast das gesamte Außenohr ausfüllen. Sie verfügen zwar über eine unauffällige Optik, sind in der Regel aber dennoch sichtbar. Ähnlich wie bei klassischen HdO-Modellen entsteht hier das Gefühl eines verstopften Ohrs und ein veränderter Klang der eigenen Stimme.
Mit Richtmikrofonen und manuellen Bedienelementen bieten ITE-Geräte dennoch eine gute Handhabung für Betroffene von leichtem bis mittelschwerem Hörverlust. - Im-Kanal-Geräte
Sogenannte ITC-Hörgeräte (in the canal) oder auch Semi-Concha-Geräte sitzen halb in der Ohrmuschel und halb im äußeren Gehörgang. Sie sind durch diese Platzierung nahezu unsichtbar. In der Regel sind sie ebenfalls mit Richtmikrofonen und manuellen Bedienelementen ausgestattet, die bei leichtem bis mittelschwerem Hörverlust eine klare Akustik ermöglichen.
Nachteile sind die etwas schwierigere Handhabung, für die es etwas Fingerfertigkeit braucht, sowie die größere Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit. - Im-Gehörgang-Geräte
Gehörgangsgeräte sind unter verschiedenen anderen Bezeichnungen geläufig, etwa als IIC (invisible in the canal) oder CIC (complete in the canal). Solche Modelle werden vollständig in den äußeren Gehörgang eingesetzt.
Dadurch sind sie gewissermaßen unsichtbar und können ohne aufzufallen für eine klare Akustik und eine sehr gute Verarbeitung akustischer Signale sorgen. Allerdings sind die sehr kleinen Geräte nicht so leicht zu handhaben. Unter Umständen begünstigen sie außerdem die Bildung von Ohrenschmalz und Feuchtigkeit im Gehörgang.
Welches Hörgerät ist das richtige?
Stellen Sie Anzeichen von beginnender Schwerhörigkeit bei sich fest, sollten Sie das von Ihrem Hals-Nasen-Ohrenarzt untersuchen lassen. Die ärztliche Verordnung ist ohnehin die Voraussetzung, um eine Kostenübernahme für die Hörhilfe von der Krankenkasse zu erhalten.
Der Hörgeräteakustiker berät Sie dann, damit Sie ein Modell erhalten, das optimal auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Lassen Sie sich dabei helfen, die optimale Einstellung des Geräts zu finden und scheuen Sie sich nicht, gerade anfangs häufiger zum Hörgeräteakustiker zu gehen.
Es braucht Zeit, sich an ein Hörgerät zu gewöhnen. Das betrifft die Bedienung genauso wie das neue Hörgefühl. Aus diesem Grund sollten Sie das Gerät wirklich immer tragen und nicht nur gelegentlich. So stellt sich Ihr Hörzentrum schnell auf die Hörhilfe ein – und Sie können umso schneller wieder Ihre Hörfähigkeit genießen.