Sicherstellung der ärztlichen Versorgung: Welche Möglichkeiten gibt es?
„An apple a day keeps the doctor away“ – dieses berühmte Sprichwort mag zwar durchaus Wahrheit enthalten, hält aber der Realität gerade im Alter nicht unbedingt stand. Früher oder später wird eine etwas ausgeprägtere ärztliche Versorgung notwendig.
Es gibt mittlerweile jedoch nicht wenige Regionen in Deutschland, in denen dies zu einer echten Herausforderung wird: Der Ärztemangel zeigt hierbei seine zum Teil gravierenden Auswirkungen. Doch was können Sie als Betroffene für eine gute ärztliche Versorgung tun? Welche Lösungen gibt es in diesem Bereich und was sollten Sie dabei beachten?
Herausforderungen in der ärztlichen Versorgung für Senioren
Das Alter ist oftmals mit einer Reihe von gesundheitlichen Herausforderungen verbunden, die eine regelmäßige ärztliche Versorgung notwendig machen. Diese ist jedoch nicht immer leicht zu gewährleisten. Hier beleuchten wir die allgemeinen und spezifischen Hindernisse, die sich älteren Menschen dabei in den Weg stellen können:
Allgemeine Hindernisse in der Gesundheitsversorgung
Eine zentrale Herausforderung ist die räumliche Distanz, vor allem für Menschen in ländlichen Regionen. Das größte Problem dabei ist der Hausarztmangel. Für viele Ärzte ist eine Praxis in ländlichen Bereichen weniger attraktiv, was in den letzten Jahren den Ärztemangel auf dem Land erheblich verschärft hat. So soll im Jahr 2035 in fast 40 Prozent aller Landkreise eine hausärztliche Unterversorgung drohen, wie eine Untersuchung der gemeinnützigen Robert-Bosch-Stiftung ergab.
Die Gründe sind dabei vielfältig:
- fehlende Einkaufsmöglichkeiten und Infrastruktur auf dem Land
- wenig Freizeit- und Kulturangebote
- Landarztmodell mit „Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit“
Weitere allgemeine Hindernisse für eine gute ärztliche Versorgung sind:
- Lange Wartezeiten für Termine: „Wir können Ihnen leider erst einen Termin in 2 Monaten anbieten.“ Solche oder ähnliche Sätze bekommen Patienten gerade in ländlichen Bereichen bei Fachärzten immer wieder zu hören. Das hängt ebenfalls mit dem generellen Ärztemangel zusammen.
- Finanzielle Einschränkungen: Ob nun Zuzahlungen zu Heil- und Hilfsmitteln oder für Rezepte – wer wenig Geld hat, kann dies manchmal als unüberwindliche Hürde betrachten und verzichtet aus finanzieller Not lieber auf den Arztbesuch. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Patient nicht über eine Krankenversicherung verfügt.
Spezifische Schwierigkeiten älterer Menschen
Für Senioren kommen zu diesen allgemeinen Herausforderungen oft noch spezifische Probleme hinzu:
- Mobilitätseinschränkungen: Wer auf eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl angewiesen ist, kommt nur mit großem Aufwand zum Arzt. Wird keine entsprechende Transportmöglichkeit zur Verfügung gestellt, fällt ein Arzttermin einfach aus.
- Koordination von Ärzten: Im Alter treten mitunter mehrere chronische Erkrankungen parallel auf. In diesem Fall ist eine gute Koordination verschiedener Fachärzte nötig. Dabei geht es zum Beispiel um die Medikation und eventuelle Wechselwirkungen oder um sich gegenseitig störende Therapien. Letzteres passiert vor allem dann, wenn die einzelnen Ärzte nicht alle wichtigen Informationen haben.
Ärztliche Versorgung sicherstellen: Möglichkeiten im Überblick
Eine solide ärztliche Versorgung ist der Schlüssel zu einer guten Gesundheit im Alter. Sie umfasst verschiedene Bereiche, darunter ambulante und stationäre Versorgung, Telemedizin und Apotheken. Jeder dieser Bereiche bietet unterschiedliche Möglichkeiten und ergänzt die jeweils anderen.
Ambulante Versorgung: Praktische Ärzte, Fachärzte und Home-Visits
Die ambulante Versorgung ist oftmals die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen. Sie umfasst sowohl die Behandlung durch Allgemeinmediziner und Internisten (Hausärzte) als auch die durch Fachärzte. Diese Ärzte sind in der Lage, eine breite Palette von gesundheitlichen Problemen zu diagnostizieren und zu behandeln und können bei Bedarf an weitere Spezialisten verweisen.
Hausbesuche bei Mobilitätsproblemen: Eine Lösung?
Für Senioren, die Mobilitätsprobleme haben oder in abgelegenen Gebieten wohnen, gibt es zudem die Möglichkeit von Hausbesuchen. Einige Ärzte bieten diesen Service an, um sicherzustellen, dass auch diejenigen eine angemessene Versorgung erhalten, die die Praxis nur schwer erreichen können.
Um eine bestmögliche ambulante Versorgung zu erhalten, können Sie als betroffene Person einiges beitragen:
Fahrservice anfragen
Sie haben die Möglichkeit, einen Fahrservice per Taxi von der Krankenkasse erstattet zu bekommen. Als Voraussetzung benötigen Sie einen Schwerbehindertenausweis mit einem der folgenden Kürzel:
- aG (außergewöhnliche Gehbehinderung)
- H (Hilflosigkeit)
- B (Blindheit)
Außerdem erhalten Sie die Erstattung im Normalfall, wenn Sie Pflegegrad 4 oder 5 aufweisen. Bei Pflegegrad 3 benötigen Sie zusätzlich den Nachweis, dass eine eingeschränkte Mobilität vorliegt.
Tipp: Sprechen Sie mit dem behandelnden Arzt und Ihrer Krankenkasse!
Sie sollten auf jeden Fall mit Ihrem Arzt und Ihrer Krankenkasse sprechen, bevor Sie einen Fahrdienst in Anspruch nehmen. Der Arzt erstellt Ihnen eine entsprechende Verordnung und von der Krankenkasse erhalten Sie die entsprechende Genehmigung. Dies ist vor allem bei Serienbehandlungen sehr wichtig.
Hausbesuche anfragen
Fragen Sie Ihren Hausarzt, ob er Hausbesuche anbietet. Dies vereinfacht die Versorgung gerade bei Mobilitäteinschränkungen deutlich. Sie haben sogar einen Anspruch auf einen Hausbesuch, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Sie benötigen dringend eine Krankheitsbehandlung.
- Die Krankheit macht es Ihnen unmöglich, die Arztpraxis aufzusuchen.
Darüber hinaus muss sich Ihre Wohnung im Praxisbereich des Arztes befinden. Diese Regelung ist leider sehr schwammig, da es keine genauen Kilometerangaben in den Vorschriften gibt. Sollte ein Arzt jedoch trotz Vorliegen aller Voraussetzungen einen Hausbesuch verweigern, dürfen Sie sich bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beschweren.
Stationäre Versorgung: Das richtige Krankenhaus wählen
In einigen Fällen, insbesondere bei schwerwiegenderen Krankheiten oder nach Operationen, ist eine stationäre Versorgung erforderlich. Krankenhäuser bieten rund um die Uhr medizinische Betreuung und haben die Ausrüstung und das Fachpersonal, um komplizierte medizinische Behandlungen durchzuführen.
Krankenhäuser sind so konzipiert, dass sie eine Notfallbehandlung jederzeit sicherstellen sollen. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Häuser deutlich voneinander. Aus diesem Grund lohnt es sich, bei der Wahl des Krankenhauses vorher einige Informationen zusammenzutragen:
Verfügt das Krankenhaus über die nötigen Behandlungsoptionen?
Je nach persönlicher Diagnose und geplantem Eingriff sollte das Krankenhaus über die entsprechenden Merkmale verfügen, um eine Behandlung sinnvoll durchführen zu können. Webseiten wie die „Weiße Liste“ helfen Ihnen dabei, zu erkennen, welche Merkmale für welche Diagnose und Behandlung wichtig sind.
Zu den wichtigen Merkmalen gehören:
- passende Fachärzte
- passende Fachabteilungen (z. B. Fachabteilung für innere Medizin oder für Orthopädie)
- Ausstattung mit wichtigen Geräten (CT oder MRT)
Zudem gibt es in verschiedenen Kliniken oft spezielle Schwerpunkte einzelner Fachabteilungen. Passt der Schwerpunkt einer Klinik zu Ihrer Diagnose, erhalten Sie dort im Normalfall die bestmögliche Behandlung. Oft liegen dort die Fallzahlen im entsprechenden Bereich besonders hoch und die behandelnden Ärzte verfügen über mehr Routine und Erfahrung.
Wichtig: Notieren Sie sich Ihre Diagnose genau!
Um ein geeignetes Krankenhaus zu finden, sollten Sie sich Ihre Diagnose genau notieren. Nur so sind Sie in der Lage, später eine passgenaue Suche zu starten! Fragen Sie zudem Ihren behandelnden Arzt nach passenden Krankenhäusern, um erste Hinweise zu erhalten!
Ist das Krankenhaus barrierefrei?
Ihre Mobilität ist eingeschränkt oder Sie sind auf einen Rollstuhl angewiesen? In diesem Zusammenhang ist ein barrierefreies Krankenhaus essenziell für Sie. Dazu gehören je nach Einschränkung unterschiedliche Maßnahmen:
- Rollstuhlgerechte Türen
- Schilder und Pläne in Blindenschrift
- Personal mit Gebärdensprachkenntnissen
- Besondere Betreuer für verwirrte Menschen und Demenzkranke
Wie steht es um die Betreuung?
In Bezug auf den Service gibt es verschiedene Informationen, die Ihnen bei Ihrer Entscheidung für oder gegen ein Krankenhaus helfen können:
- Betreuungsschlüssel: Wie viele Patienten werden pro Arzt und Pfleger behandelt? Hier ist es sinnvoll, sich die konkrete Abteilung anzuschauen. Entsprechende Informationen lassen sich den Qualitätsberichten der Krankenhäuser entnehmen.
- Patientenzufriedenheit: Die Zufriedenheit der Patienten wird von den Krankenhäusern regelmäßig erhoben. Auch diese kann ein Anhaltspunkt darstellen, ob sich ein Krankenhaus eignet oder nicht.
- Unterbringung von Betreuungspersonen: Sie sind pflegebedürftig und werden familiär oder anderweitig von einer Person betreut? In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Betreuungsperson mit ins Krankenhaus kommen kann. Einige Krankenhäuser stellen Unterbringungsmöglichkeiten für die Betreuungspersonen zur Verfügung.
- Religiöse Angebote: Verfügt das Krankenhaus über einen Andachtsraum, der zu Ihrer Religion passt? Das kann ebenfalls einen wichtigen Punkt bei der Krankenhauswahl darstellen, wenn Sie sehr gläubig sind.
Telemedizin: Online-Konsultationen und digitale Gesundheitsdienste
Die Telemedizin hat in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt und bietet zahlreiche Vorteile für Senioren. Mit Online-Konsultationen können Sie Ärzte und Fachleute von zu Hause aus konsultieren. Dies ist besonders nützlich, wenn Sie Schwierigkeiten haben, sich zu bewegen oder weit entfernt von medizinischen Einrichtungen leben.
Ferner können Sie über digitale Gesundheitsdienste viele Vorteile nutzen:
- Medikamentenverwaltung: Nutzen Sie in diesem Fall eine Medikamentenverwaltungs-App, wenn Sie verschiedene Medikamente einnehmen müssen. Dort richten Sie einmalig Ihren Medikationsplan ein und werden künftig immer rechtzeitig über die Einnahme bestimmter Mittel informiert.
- Arztterminkalender: Sie müssen viele Arzttermine koordinieren? In diesem Fall hilft Ihnen eine App mit einem Arztterminkalender. Dort tragen Sie alle Termine ein und werden rechtzeitig informiert, wenn der nächste Arztbesuch ansteht.
- Diabetes-App: Diabetes-Apps lassen sich mit dem eigenen Blutzuckermessgerät koppeln, so dass automatisch ein Blutzuckertagebuch entsteht. Mit diesen Daten kann die App Sie an Messungen erinnern und Ihren Langzeit-Blutzucker errechnen. So lässt sich das Problem auch dauerhaft besser kontrollieren.
Tipp: Sie interessieren sich für Gesundheits-Apps und möchten mehr darüber erfahren? In unserem Ratgeber zeigen wir Apps für viele verschiedene Bereiche auf und bieten einen guten Überblick!
Apotheken: Medikamentenversorgung und Beratung
Apotheken sind ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung. Sie sorgen nicht nur dafür, dass Sie Zugang zu den benötigten Medikamenten haben. Sie bieten zusätzlich Beratung zu Medikamenteneinnahme, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.
Immer mehr Apotheken stellen zudem die Möglichkeit zur Verfügung, Medikamente direkt zu Ihnen nach Hause zu liefern. Gerade bei Mobilitätsproblemen stellt dies eine große Hilfe dar. Das E-Rezept sorgt für eine zusätzliche Erleichterung, weil das Rezept nicht mehr physisch in der Apotheke abgegeben werden muss.
Tipp: Nutzen Sie immer die gleiche Apotheke!
Sie bekommen regelmäßig die gleichen Medikamente? Nutzen Sie immer die gleiche Apotheke und machen Sie diese zu Ihrer „Hausapotheke“. Nach einer gewissen Zeit entstehen so Routinen bei der Rezepteinreichung und der Lieferung, die Ihnen viel Arbeit und Aufwand ersparen.
Eine gute ärztliche Versorgung ist nicht überall selbstverständlich
Mit zunehmendem Alter wird eine gute ärztliche Versorgung immer wichtiger. Leider ist dies nicht überall selbstverständlich. Gerade in ländlichen Regionen können Ärztemangel und große Entfernungen bei Mobilitätseinschränkungen für ernsthafte Probleme sorgen.
Wenn Sie also eine gute ärztliche Versorgung sicherstellen möchten, müssen Sie mitunter selbst aktiv werden. Fragen Sie aktiv nach Fahrdiensten oder Hausbesuchen durch Ärzte, nutzen Sie digitale Gesundheitsdienste und nehmen Sie den kompletten Service Ihrer Apotheke in Anspruch. Auf diesem Weg umgehen Sie viele potenzielle Hürden und können auch im Alter Ihre Gesundheit erhalten.