Vom Haus in die Wohnung – Wann ein Umzug in kleinere Räumlichkeiten sinnvoll ist
Das eigene Haus gilt hierzulande noch immer als Symbol für Wohlstand und Sicherheit. Doch selbst wenn die Immobilie abbezahlt ist, kann sie im Alter zur Belastung werden. Wann und warum wird für Senioren der Umzug in eine alternative Wohnung sinnvoll?
Das eigene Haus als Belastung?
Am eigenen Haus hängt oft das Herz: Nicht nur, dass die Eigentümer es über Dekaden mühevoll abbezahlt haben – auch die Kinder sind hier aufgewachsen und in den vier Wänden stecken die Erinnerungen unzähliger schöner Momente. Allerdings sollten Senioren den emotionalen Wert ihres Hauses gut gegen seinen Nutzen in der Gegenwart abwägen. Im Alter tauchen nämlich einige Faktoren auf, die dafür sorgen, dass das Eigenheim nicht mehr sinnvoll bewohnbar ist:
1. Fehlende Barrierefreiheit
Wer sein Haus als junges Paar mit Kindern gekauft oder gebaut hat, hat höchstwahrscheinlich nicht an die Bedürfnisse im höheren Lebensalter gedacht. Steile Treppen, enge Türen und kleine Räume machen Menschen in den 30ern nichts aus. Doch gesundheitliche Probleme führen bei Senioren schnell zu Mobilitätseinschränkungen, die das ehemalige Familienheim in einen Hindernisparcours verwandeln.
Was bedeutet ein Umbau zur Barrierefreiheit?
Für ein barrierefreies Haus, das gut bewohnbar ist, wenn man auf eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl angewiesen ist, müssen viele Elemente baulich umgestaltet werden: Türöffnungen werden verbreitert, Räume vergrößert und idealerweise alle Lebensräume ins schwellenlose Erdgeschoss verlegt.
Wer höhere Etagen erreichen will, kann das ab einem gewissen Alter sicherer per Treppenlift. Abhängig von den baulichen Voraussetzungen, müssen Hauseigentümer mit mehreren 10.000 Euro Umbaukosten rechnen. Hier stellt sich die Frage, ob sich die Investition lohnt oder man sie überhaupt stellen will bzw. kann.
2. Weniger Instandhaltungsaufwand
Im abbezahlten Haus sparen Sie zwar die Kaltmiete, doch die Instandhaltungskosten können mit den Jahren überproportional steigen. Irgendwann muss das Dach neu gedeckt, die Fenster ausgetauscht oder die Bäder saniert werden, damit Wohnstandard und Wirtschaftlichkeit in Zukunft gewährleistet bleiben.
Wie hoch sind die Instandhaltungskosten?
Laut Berechnungsverordnung des Wohnungsbaugesetzes (§ 28 II. BV) wird Eigentümern empfohlen, jährlich bis zu 11,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche für die Instandhaltungskosten eines Hauses zurückzulegen. Für ein 180-Quadratmeter-Haus wären das 2.070 Euro.
Die sogenannte Peterssche Formel nimmt sogar an, dass im Laufe von 80 Jahren Nutzungsdauer einer Immobilie das 1,5-Fache des Herstellungspreises als Instandhaltungskosten anfällt. Hinzu kommt die Unkalkulierbarkeit von gesetzlichen Maßnahmen, wie etwa einer möglichen Dämmpflicht oder einer Austauschpflicht für alte Heizungen.
3. Geldmangel
Bei vielen Rentnern ist das Geld im Alter knapp – das bestätigen auch Zahlen und Fakten: Laut Statistischem Bundesamt beziehen Rentner hierzulande nach 45 Arbeitsjahren im Durchschnitt 1.545 Euro monatlich.
Frauen über 65 Jahre trifft dabei den „Gender Pension Gap“; ihre Bezüge liegen rund 30 Prozent niedriger, da sie häufig in Teilzeit berufstätig waren und aufgrund von Erziehungszeiten selten die 45 Einzahlungsjahre erreichen.
Das Eigenheim „entsparen“
Wenn das monatliche Einkommen nur knapp für den Lebensstandard reicht, wird das Immobilienvermögen eher zur Belastung, als dass es Sicherheit vermittelt. Eine Handlungsvariante für Rentner: Aus dem Erlös des Hausverkaufs lässt sich eine kleinere, günstigere Wohnung erwerben, sodass ein Überschuss bleibt.
Diese Summe kann investiert werden, wobei ein ETF-Investment mit Entnahmeplan das monatliche Budget aufbessert. So entnehmen Sie jeden Monat eine kleine Summe und dank der Renditen reicht das Zusatzbudget für viele Jahre.
Achtung: Bei einem ETF-Entnahmeplan sollten Sie auf breit gestreute Indizes setzen. Diese sorgen für die nötige Diversifizierung, um Schwankungsverluste zu vermeiden. In diesem Zusammenhang lohnt sich zum Beispiel der MSCI World Index, der 1.600 verschiedenen Unternehmen aus der ganzen Welt beinhaltet.
4. Angst durch Abgeschiedenheit
Ein Häuschen im Grünen erscheint jungen Paaren idyllisch – im Alter verändert sich die Einstellung zur abgeschiedenen Lage auf dem Land oft. Gerade, wenn nur noch ein verwitweter Ehepartner das Eigenheim bewohnt, steigt die Sorge vor Einbrüchen.
Tatsächlich ist das Einbruchrisiko gerade in Einfamilienhäusern besonders hoch. Darüber hinaus spähen viele Täter gezielt ältere Leute aus, die ihnen durch einen gepflegten Garten oder ein Mittelklasseauto solvent erscheinen. Hier haben es Diebe vor allem auf Bargeld, Schmuck und Gold abgesehen.
Was lässt sich gegen Einbrecher tun?
Neben einem Umbau zur Barrierefreiheit lässt sich das Eigenheim auch in punkto Sicherheit aufrüsten. Hier sind widerstandsfähige Türen und Fenster das zentrale Element.
Außerdem bieten Smart-Home-Systeme viele sicherheitssteigernde Elemente: zum Beispiel
- selbstschließende Fenster,
- ein Lichtsystem, das belebte Räume vortäuscht,
- die Videoklingel sowie
- ein Kamera-Überwachungssystem, das bei Abwesenheit die Bilder auf das Smartphone des Hausbewohners sendet.
Sicherer in der Etagenwohnung
Häufig gibt das Gefühl, Tür an Tür mit dem nächsten Nachbarn zu leben, das größte Maß an Sicherheit. Auch das ist im Alter ein Argument für eine Wohnung im Mehrparteienhaus.
In einer starken Hausgemeinschaft hat man ein Auge aufeinander und bemerkt es, wenn undurchsichtige Gestalten über das Grundstück schleichen. Doch nicht nur das: Nette Nachbarn helfen sich außerdem gegenseitig – zum Beispiel beim Wechseln einer Glühbirne oder wenn Mehl für den selbstgebackenen Kuchen fehlt.
5. Soziale Anbindung
Wenn die Kinder noch klein sind, avanciert das Einfamilienhaus oft zum Zentrum des sozialen Lebens. Hierher werden Schulfreunde eingeladen und es finden Familienfeste statt.
Doch mit der Zeit macht sich Einsamkeit breit, was Mütter oft schneller merken als Väter: Sie leiden in ihrer Lebensmitte unter dem sogenannten Empty-Nest-Syndrom. Das bezeichnet die Situation, wenn die erwachsenen Kinder aus dem Haus gegangen sind und Frauen mit einer aufgegebenen oder unterbrochenen Berufslaufbahn zurückbleiben.
Im Rentenalter verschärft sich das Gefühl sozialer Isolation, wenn der Beruf die Hauptquelle der zwischenmenschlichen Kontakte gewesen ist. Hier erleben viele Männer der Baby-Boomer-Generation, die ehemals in Vollzeit berufstätig waren, den Renteneintritt als einen herben Verlust an sozialer Anerkennung.
Scheidung als zusätzliche Gefahr für das soziale Netz
Zu zweit als Rentner im ländlichen Eigenheim – diese Situation lässt sich vielleicht noch aushalten. Doch die Lebensrealität ändert sich und die Scheidungsrate bei Senioren steigt rasant: Jeder vierte Geschiedene ist über 50 Jahre alt, im Jahre 2022 waren die Paare bei ihrer Scheidung im Durchschnitt 15 Jahre verheiratet.
Wenn dann ein Ehepartner im Haus zurückbleibt und auch der Freundeskreis zerbricht, kann ein abgelegener Wohnort zur sozialen Insolation führen. Leichter haben es hier Menschen, die eher urban im Mehrparteienhaus leben. Schließlich knüpft man in einem belebten Viertel schneller Kontakte, wenn man täglich dieselben Nachbarn trifft und sich kleine Einkäufe und Amtsgänge zu Fuß erledigen lassen.
6. Bessere Verkehrsanbindung
Wer gern mit dem Auto unterwegs ist, macht sich kaum Gedanken um die Verkehrsanbindung des ländlichen Wohnorts. Im Alter kann es jedoch schnell dazu kommen, dass man sich im Auto unsicher fühlt. Wenn das Sehvermögen nachlässt oder Mobilitätseinschränkungen sich beim Schulterblick bemerkbar machen, weichen viele Senioren lieber auf die öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Ein Problem: Das ÖPNV-Netz in Deutschland hat gerade im ländlichen Raum deutliche Lücken. Einer Analyse der öffentlichen Mobilität – durchgeführt von ioki, dem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn – zufolge haben sogar 55 Millionen Bundesbürger einen unzureichenden Zugang zum ÖPNV. Viele Menschen, die auf dem Land leben, fühlen sich regelrecht „abgehängt“.
Mobil im Alltag
Alle Belange des täglichen Lebens leicht erreichen zu können – dieser Anspruch ist im ländlichen Wohnraum ohne Auto kaum umzusetzen. In städtischen Gebieten hingegen kann man einkaufen, Bekannte treffen und Formalitäten erledigen, ohne selbst fahren zu müssen.
Außerdem wichtig: Auch die nächste Facharztpraxis und die nächste Klinik wollen Senioren in der Regel ohne Auto in wenigen Minuten erreichen können. Hier müssen sich Hausbesitzer kritisch fragen, ob die aktuelle Wohnlage ihnen diese Vorteile bieten kann.
Den Wohnungswechsel vorbereiten: Wichtige Schritte
Sie haben sich entschlossen vom Eigenheim in eine kleinere und komfortablere Wohnung zu wechseln? Diese Entscheidung ist meist schneller getroffen, als dass sie sich umsetzen lässt. Bei Ihrem Vorhaben sollten Sie vor allem die folgenden Schritte beachten:
1. Ein neues Objekt suchen
Hier stellt sich die Frage, wo Ihr Lebensmittelpunkt sich demnächst befinden soll. In der Stadt, wo Sie Ihr Berufsleben verbracht haben, oder vielleicht in der Nähe von Enkeln und Kindern?
Viele Rentner fühlen sich nicht mehr gebunden an den ehemaligen Wohnort und können sich einen weiteren Umzug vorstellen. Wichtig: Falls Sie den Wechsel in eine andere Region planen, nehmen Sie sich Zeit, den dortigen Immobilienmarkt zu analysieren. Innerhalb Deutschlands bestehen hier deutliche Unterschiede, die bestimmen, wie viel von Ihrem Kapital Sie für den Erwerb einer Wohnung einsetzen müssen.
2. Was tun mit dem alten Haus?
Falls Sie aus einer ländlichen Gegend in eine beliebte Metropole umziehen wollen, stellt sich die Frage meist nicht. Hier müssen Sie wahrscheinlich den Großteil des Erlöses aus dem Verkauf Ihres Hauses für einen Neuerwerb einsetzen.
In anderen Fällen haben Sie vielleicht die Wahl, es zu behalten, weil Sie den Kauf einer Wohnung durch Ihr Erspartes abdecken können. In diesem Fall könnten Sie Ihr Haus vermieten, um den Vermögenswert zu behalten und monatliche Einnahmen zu generieren.
Was muss ich bei der Vermietung meines Hauses beachten?
Als Vermieter haben Sie nicht nur bürokratischen, sondern auch finanziellen Aufwand. Rücklagen für die Instandhaltung der Immobilie müssen Sie weiterhin bilden, da Sie als Vermieter für die größeren Renovierungs- und Reparaturmaßnahmen zuständig sind. Demgegenüber steht das Risiko eines Zahlungsausfalls durch den Mieter oder Einnahmeverluste durch häufige Mieterwechsel und Leerstand, falls die Wohnlage weniger nachgefragt ist.
Außerdem wichtig: Einnahmen aus der Vermietung Ihrer Immobilie müssen Sie mit Ihrem persönlichen Einkommenssteuersatz versteuern, während der Erlös aus dem Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie steuerfrei ist.
3. Kann ich meinen Kindern mein Haus schenken?
Falls das Haus in Ihrem Besitz bleibt, kann es sinnvoll sein, es bereits zu Lebzeiten an die eigenen Kinder zu verschenken. Hier lässt sich nämlich die Erbschaftssteuer einsparen, falls der Wert des Hauses bzw. des Gesamtvermögens den Freibetrag von 400.000 Euro übersteigt. Ein Fall, der in beliebten Wohnlagen mittelgroßer und großer Städte häufig vorkommt.
Zwar gilt der Freibetrag auch für das Schenken, doch hier ist außerdem eine teilweise Schenkung möglich. Nach 10 Jahren kann der Freibetrag dann erneut für eine weitere Schenkung ausgenutzt werden. Wichtig: Der Schenkungsvertrag muss notariell beurkundet werden, damit er gültig ist. Hier haben Sie zudem die Möglichkeit, die Schenkung an eine Bedingung zu knüpfen, zum Beispiel eine Leibrente aus der Vermietung oder eine Pflegeverpflichtung.
Fazit: Der Wechsel kann sich lohnen
Mit der Rente beginnt ein neuer Lebensabschnitt, indem Sie auch Ihr Wohnumfeld neu bewerten sollten. Hier zählen weniger die emotionalen Werte als der aktuelle Komfort, den Ihnen Ihr Haus und Ihr Wohnort in den kommenden Jahrzehnten bieten können. Vielfach lohnt sich nach dieser Abwägung der Umzug in eine kleinere und urbaner gelegene Wohnung.