Heilfasten
Auszeit für Körper und Geist
Viele Menschen bleiben in der Fastenzeit nicht nur Luxusgütern wie Süßigkeiten, Alkohol, Fleisch oder Zigaretten abstinent, sondern enthalten sich dem Essen über Tage und Wochen ganz. Dabei müssen die Gründe für einen weitergehenden Verzicht auf Nahrung nicht zwangsläufig religiöse sein. Für die Mehrheit stehen beim Fasten gesundheitliche Aspekte im Vordergrund, der bewusste Umgang mit dem eigenen Körper und die geistige Einkehr.
Heilfasten ist ein tiefgreifender Prozess, der nicht nur den Körper reinigt, sondern auch den Geist. Es findet häufig Anwendung, um chronischen Wohlstandskrankheiten vorzubeugen, aber auch um verschiedene Gebrechen zu lindern, um sich mit den eigenen Ernährungsgewohnheiten, Süchten und Emotionen auseinanderzusetzen und umzustellen.
Dies verlangt vom Fastenden einiges an Willenskraft und Durchhaltevermögen, führt aber häufig nach einigen Tagen zu einem anhaltenden Hochgefühl, sodass Menschen, die einmal gefastet haben, es immer wieder tun. Dennoch: Für den ersten Testlauf sollte nicht länger als eine Woche auf feste Nahrung verzichtet werden.
Der ehemalige Millitärarzt und spätere Pazifist Otto Buchinger, auf den der Begriff des Heilfastens zurückgeht, erfuhr durch den zeitweisen Nahrungsverzicht ein derart starke Linderung seiner rheumatischen Arthritis, dass er sich von da an verstärkt der alternativen Naturheilkunde widmete und 1920 eine erste Fastenklinik eröffnete. Anderthalb Jahrzehnte später veröffentlichte er sein wichtigstes Werk mit dem Titel „Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden“, welches bis heute immer wieder neu aufgelegt wird.
Was beim Fasten im Körper passiert
Anfangs holt sich der Körper die fehlenden Kohlenhydrate aus der Leber, doch bereits nach einem Tag sind diese aufgebraucht. So greift er auf überschüssiges Eiweiß und Enzyme aus dem Verdauungstrakt zurück, erst danach wechselt der Körper in den Sparmodus, bei dem die Fettverbrennung auf über 90 Prozent ansteigt.
Dabei werden auch Giftstoffe aus den Zellen gelöst. Regelmäßiges Trinken von mehr als zweieinhalb Litern Flüssigkeit unterstützt die Niere bei der Blutfiltration, warme Wickel regen die Lebertätigkeit an, Bewegung und heiße Duschen fördern das Schwitzen und die Durchblutung der Haut. Die Lunge leitet gasförmige Stoffwechselprodukte und Säuren nach außen.
Heilfasten in Begleitung
Die klassische Buchinger-Kur dauert ganze drei Wochen und sollte deshalb nur in einer entsprechenden Fastenklinik oder unter ärztlicher Aufsicht vollzogen werden. Sofern keine gesundheitlichen Einwände bestehen, können kürze Zeiträume allein mit einem guten und fundierten Ratgeberbuch oder innerhalb einer Fastengruppe durchgeführt werden. Hier steht vor allem das Fastenerleben im Mittelpunkt – die Erfahrung, auf Essen verzichten zu können, eine Besinnung auf die wesentlichen Bedürfnisse unseres Körpers, die Vergegenwärtigung überkommener Gewohnheiten und nicht zu vergessen: jede Menge Motivation.
Gleichgesinnte und Fastengruppen finden
Gemeinsam bereitet das Fasten noch mehr Freude. Ansprechpartner sind oftmals die Kirchen, welche besonders in der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern eigene Fastenaktionen starten, oder die Volkshochschulen. Darüber hinaus gibt es aber auch zahlreiche Angebote von Heilpraktikern, die als Fastenleiter Fastengruppen begleiten.
Fastengruppen bieten die Möglichkeit, sich aus dem gewohnten Umfeld zu lösen und in anderen Räumen und ungewohnten Rollen neuen Gedanken zu begegnen. Hier stoßen Fastende mit ihren persönlichen Bedürfnissen wahrscheinlich auf ein breiteres Verständnis als im nichtfastenden Familien- oder Bekanntenkreis. Zudem gibt es meist einen Ansprechpartner, der mit Rat und Tat zur Seite steht und darauf achtet, dass auch die notwendigen Bewegungs- und Ruhephasen wirklich eingehalten werden.
Heilfasten im Alltag
Demgegenüber steht Heilfasten im Allag, die wohl anspruchsvollste Form des Heilfastens. Denn neben den vielen Verpflichtungen Zeit für die eigenen Bedürfnisse zu erübrigen fällt nicht immer leicht. Doch gerade darauf kommt es neben der reinen Nahrungsmittelreduktion ja auch an. Sich darüber bewusst zu werden, was man wirklich braucht. Ein Gespür dafür zu entwickeln, was dem eigenen Körper gut tut und was nicht.
Sicherlich, der Wegfall größerer Lebensmitteleinkäufe und der Mahlzeiten bringt auch einen Gewinn an Zeit, allerdings sollte auch die Einnahme der Tees oder Brühen zelebriert werden und für ausreichend Bewegung gesorgt sein. Um Hektik abzubauen und zum Entspannen, lieber ein paar Termine mehr abgesagen und Extrazeit einräumen. Genuss kann schließlich auch ein gutes Buch, schöne Musik und all das sein, was sonst zu wenig Raum im Leben hat.