Wenn der Briefkasten überquillt
Was Sie gegen unerwünschte Werbepost unternehmen können

Es ist wie eine ansteckende Krankheit, die sich über die Jahre erst langsam, doch dann immer stärker an den Hauseingängen und in den Treppenhäusern ausgebreitet hat. Aus allen Ritzen und Schlitzen ragen die in Plastik eingeschweißten Prospekte nahegelegener Supermarktketten, teiladressierte Werbebriefe „an alle Hausbewohner“ sowie die dick bepackten und kostenlosen Anzeigenblätter. Doch was als Infopost ins Haus flattert, wird selten gelesen und ist noch seltener gewollt.
Für Erika Ziegler ist der Gang zum Briefkasten längst kein freudiges Ereignis mehr. Statt lieber Grüße von Freunden oder Familie, quillt die kleine Postbox tagtäglich von Werbeflyern und kostenlosen Anzeigenblättern über. Am liebsten würde sie die Stapel von Papier gleich in der bereitstehenden Papiertonne entsorgen. Doch aus Angst, in all dem Wust eine Postkarte oder ein amtliches Schreiben zu übersehen, nimmt sie zur Inspektion vorsorglich alles mit in ihre Wohnung im dritten Stock – und trägt es schließlich zum Ende der Woche wieder hinunter. Die jährlich hinter dem Hauseingang aufgestapelten Telefon- und Branchenbücher werden meist von einem barmherzigen Nachbarn entsorgt.
Dabei gibt es Möglichkeiten, sich gegen die immer größer werdende Werbeflut zu wehren. Das Problem: Ein Allheilmittel existiert nicht. Vielmehr ist eine ganze Reihe an Vorkehrungen notwendig.
1. Briefkasten mit Werbeverbot markieren
Der Klassiker. Nicht schön, aber effektiv ist der kleine, meist farbige Aufkleber, der Verteilern schon von Weitem signalisiert: Hier ist Werbung nicht erwünscht. Damit halten Sie nicht nur ungezielte Werbesendungen, sondern auch teiladressierte Reklame auf Abstand.
Werbebeilagen in Tageszeitungen und kostenlose Wochenblätter werden allerdings weiterhin an Sie verteilt. Zumindest bei Letzteren hilft eine ausführliche Handlungsanweisung: „Keine Werbung, weder Handzettel noch Wurfsendungen, keine kostenlosen Zeitungen und Wochenblätter“.
2. Tragen Sie sich in Robinsonlisten ein
Bei persönlich an Sie adressierten Werbesendungen hilft das jedoch wenig. Postboten können nur schwer feststellen, ob es sich bei einem für Sie bestimmten Brief um unerwünschte Werbung handelt. Eine mögliche Lösung kann in diesem Fall der Eintrag in einer sogenannten Robinsonliste sein.
Zwei für Verbraucher kostenlose Verzeichnisanbieter gibt es auf dem deutschen Markt. Sowohl der Deutsche Dialogmarketing Verband (DDV) als auch der Interessenverband Deutsches Internet (IDI) versprechen Ruhe vor unerwünschter Werbung. Die kostenfreie Registrierung ist über die jeweilige Website oder per Brief möglich.
Werbetreibende Unternehmen können gegen Gebühr ihre Adresslisten mit den sogenannten Schutzlisten abgleichen, und sehen so, welche Datensätze einer unaufgeforderten Zusendung von Werbung widersprochen haben. Keine Angst, Ihre Adresse wird über einen verschlüsselten Algorithmus abgeglichen, eine Missbrauch Ihrer Daten ist deshalb nicht möglich.
Schon aus Kostengründen haben vor allem große werbliche Anbieter ein Interesse an möglichst zielgerichteten Mailings und nutzen deshalb den Abgleich mit oben genannten Listen – wenngleich nicht alle. Was kann man also noch tun, damit der Briefkasten nicht von Werbung überläuft?
3. Gehen Sie sorgsam mit Ihren Daten um
Geben Sie im Kontakt mit Firmen so wenig wie möglich private Informationen preis. Unternehmen haben ein berechtigtes Interesse, zur Erfüllungen eines Vertrages wesentliche Daten ihrer Kunden zu erheben. So ist klar, dass für die Lieferung eines Produktes auch Adressdaten abgefragt werden müssen. Aber was mit den Daten darüber hinaus passiert, können Sie in aller Regel beeinflussen.
Im Allgemeinen ist für die Verarbeitung der Daten zu Werbezwecken eine separate Einwilligung Ihrerseits notwendig. Lesen Sie bei Abschluss eines Vertrages auch das Kleingedruckte genau durch und stimmen Sie der Verarbeitung Ihrer Daten nur im für die Vertragserfüllung notwendigen Umfang zu.
Sind Sie sich nicht ganz sicher, wie die Datenschutzerklärung, beispielsweise eines Händlers, zu deuten ist, schreiben Ihre Verweigerung als Kommentar an den Rand. Viele Online-Shops bieten in Bestellformularen zudem ein Feld für persönliche Anmerkungen. Eine kurze Notiz im Sinne „Bitte keine Werbung oder Weitergabe meiner Daten an Dritte“ sollte ausreichen.
Gerade bei Gewinnspielen ist jedoch das primäre Ziel vieler Betreiber, die Sammlung und Weitergabe von Adressdaten zu Werbezwecken. Allerdings muss auch hier eine gesonderte Einwilligung zur Nutzung für Werbung eingeholt werden. Gehört diese Einwilligung zu den Teilnahmebedingungen, sollten Sie besser verzichten. Unseriöse Teilnahmebedingungen lassen auch auf eine unseriöse Vergabe der Gewinne schließen.
4. Widersprechen Sie unaufgeforderter Werbepost
Doch nicht immer halten sich selbst seriöse Anbieter an das gesetzlich vorgeschriebene ausdrückliche Einverständnis für Werbepost. So erging es auch Erika Ziegler, die bei einem großen Versandhaus eine Wintermütze bestellt hatte und kurze Zeit später nicht nur die Warensendung, sondern von nun an regelmäßig den Katalog zur jeweils aktuellen Saison in den Händen hielt.
Hier hilft nur, schriftlich Widerspruch einzulegen. Dabei sollte der Brief, das Fax oder die E-Mail folgende vier Punkte enthalten:
- Es ist ab sofort keine weitere Werbung wünscht.
- Alle Daten sind umgehend und vollständig zu löschen.
- Einer Weitergabe an Dritte wird ausdrücklich widersprochen. Sofern Daten weitergegeben wurden, ist auch für diese Löschung Sorge zu tragen.
- Um einen Nachweis zur Herkunft der Daten wird gebeten.
Sollte die Firma den Wunsch missachten, können Sie in einem zweiten Schreiben rechtliche Schritte androhen. Der Hinweis zwingt das Unternehmen im Falle eines Rechtsstreits dazu, die Anwaltskosten zu übernehmen. Doch so weit wird es in den seltensten Fällen kommen. Damit Sie einen Nachweis über Ihren Widerspruch haben, empfiehlt sich die Kommunikation per Fax inklusive qualifiziertem Sendebereicht oder per Einwurfschreiben.
Dennoch kann es vorkommen, dass das werbende Unternehmen sich nicht an Ihre Wünsche hält. Hier hilft nur, Kontakt mit der örtlichen Verbraucherzentrale aufzunehmen, die bei gehäuften Vorfällen ein Abmahnverfahren anstoßen kann. Ein solches Abmahnverfahren selbst zu initiieren, ist dagegen mit einem gewissen Risiko verbunden.
Gar keine Handhabe haben Sie allerdings, wenn das Unternehmen seinen Sitz im außereuropäischen Ausland hat und damit nicht der europäischen Rechtsprechung unterliegt. Hier hilft weiterhin nur: aussortieren und in den Papiermüll werfen. Ganz werbefrei hat auch Erika Ziegler ihren Briefkasten nicht bekommen. Doch es ist deutlich weniger geworden und sie freut sich wieder, wenn sie ihn öffnet.