Wissenswertes rund um Patientenrechte
Mit zunehmendem Alter häufen sich die Arztbesuche: Einerseits werden mehr Vorsorgeuntersuchungen empfohlen, andererseits plagen Senioren mehr chronische Krankheiten als junge Menschen. Doch sobald das Thema Gesundheit stärker in den Fokus rückt, sollten Sie Ihre Rechte als Patient genau kennen. Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte des Patientenrechts gesammelt und erläutert.
Grundlagen der Patientenrechte
Unter dem Begriff „Patientenrechte“ werden hierzulande umgangssprachlich verschiedene Gebiete zusammengefasst. Hier können beispielsweise die Rechte des Patienten gegenüber einem konkreten Behandler gemeint sein, wobei die Gesetzgebung sowohl Ärzte als auch Psychotherapeuten, Physiotherapeuten oder Heilpraktiker als Behandler ansieht.
Bestimmte Rechte können Patienten gegenüber ihrer gesetzlichen Krankenkasse oder ihrer privaten Krankenversicherung geltend machen. Gegenüber Institutionen vertreten Patientenorganisationen die Rechte des Einzelnen, wenn es etwa Fragen der Qualitätssicherung im Gesundheitssystem betrifft oder der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen definiert wird.
Welches Gesetz ist Grundlage der Patientenrechte?
Das aktuelle Patientenrechtegesetz bzw. das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ ist seit Februar 2013 in Kraft. Hier handelt es sich um ein Artikelgesetz, dass mehrere Gesetze und unterschiedliche Inhalte in sich vereint. Seine Ziele werden wie folgt definiert:
- Herstellung von Rechtssicherheit und Transparenz bezüglich bestehender Patientenrechte
- Abbau von Vollzugsdefiziten in der Praxis
- stärkere Unterstützung der Patienten im Fall eines Behandlungsfehlers
- Schutz der Patienten durch eine bessere Gesundheitsversorgung
Das Recht auf Selbstbestimmung
Obgleich die medizinische Beratung vonseiten der Fachleute stattfindet, entscheidet im deutschen Gesundheitssystem stets der Patient über die Art und den Umfang einer Behandlungsmaßnahme. Diese Entscheidung treffen Patienten im akuten Fall persönlich oder dokumentieren ihre Wünsche und bestimmen im Vorhinein einen Stellvertreter für den Fall einer fehlenden Entscheidungsfähigkeit. Konkret sieht das Selbstbestimmungsrecht hier folgende Fälle vor:
1. Aufklärung und Einwilligung
Laut Patientenrechtegesetz ist ein Behandler dazu verpflichtet, seinen Patienten vollumfänglich über eine Behandlungsmaßnahme aufzuklären. Dabei muss der Behandler Nutzen und Risiken erläutern und den zeitlichen und technischen Ablauf der Maßnahme erklären. Nur, wenn der Behandler den Patienten im persönlichen Gespräch rechtzeitig aufklärt, hat dieser genug Bedenkzeit für eine Entscheidung, auf die eine Einwilligung folgt.
Bei Notfallbehandlungen und lebensrettenden Operationen darf die Aufklärung des einwilligungsfähigen Patienten ausnahmsweise direkt vor dem Eingriff erfolgen. Falls ein Patient jedoch in absehbarer Zukunft über längere Zeit keine eigene Einwilligung abgeben können wird, zum Beispiel aufgrund von Bewusstlosigkeit, muss ein Betreuer bestimmt werden, der in seinem Sinne handelt.
2. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
Diese beiden Elemente führen zur Entscheidungsfindung, wenn ein Patient persönlich nicht einwilligungsfähig ist. Per Vorsorgevollmacht bestimmen Sie einen vertrauten Menschen, der im Falle Ihrer fehlenden Einwilligungsfähigkeit mit den Ärzten die Behandlung bespricht, um in Ihrem Sinne zu entscheiden.
Eine Patientenverfügung hingegen vermerkt, welchen Notfallmaßnahmen, lebenserhaltenden Maßnahmen und anderen Behandlungen Sie zustimmen bzw. welche Sie ablehnen.
Im Idealfall sollten Ärzten beide Dokumente vorliegen, denn allein die Patientenverfügung kann nicht sämtliche Fälle abdecken, die möglicherweise eintreten werden. Das offizielle Formular für eine Vorsorgevollmacht erhalten Sie online.
3. Betreuungsverfügung
Ebenso können Sie durch eine Betreuungsverfügung bestimmen, welche Person im Falle Ihrer Handlungsunfähigkeit medizinische Entscheidungen für Sie treffen darf und welche Person diese Aufgabe keinesfalls übernehmen sollte.
Im Unterschied zur Vorsorgevollmacht tritt die Betreuungsverfügung erst in Kraft, nachdem ein Betreuungsgericht den Fall geprüft und darüber entschieden hat. Für das Abfassen einer Betreuungsverfügung muss der Betroffene außerdem nicht geschäftsfähig sein.
Der Zugang zur Gesundheitsversorgung
Dass jeder Mensch Anspruch auf Zugang zu medizinischer Vorsorge und ärztlicher Versorgung hat, ist in der Charta der europäischen Grundrechte (Titel IV, Artikel 35) festgeschrieben. Für ältere Patienten sind dabei besonders die folgenden Teilbereiche interessant:
1. Freie Arztwahl
Als Patient dürfen Sie sich generell den Arzt Ihres Vertrauens auswählen. Ob der Arzt allerdings einen Behandlungsvertrag mit Ihnen eingeht, hängt über Ihre persönliche Präferenz hinaus noch von weiteren Faktoren ab.
Sind Sie in der GKV versichert, muss Ihr Wunsch-Arzt einen Vertrag mit den gesetzlichen Kassen geschlossen haben, um mit ihnen abrechnen zu können. Zudem prüfen Ärzte vorab, ob sie den Behandlungsvertrag mit Personen schließen können, die bereits in einem Pflegeheim leben. Denn sobald ein Arzt einen Patienten annimmt, besteht für ihn die Pflicht zu nötigen Hausbesuchen, die bei Pflegeheimbewohnern die Regel sind.
2. Freie Wahl des Krankenhauses
Auch beim Krankenhausaufenthalt dürfen Sie hierzulande das Haus frei wählen. Die einzige Einschränkung gilt für gesetzlich Versicherte: Hier muss das jeweilige Krankenhaus bei der Versicherung für die jeweilige Behandlung zugelassen sein.
Während des Aufenthalts haben Versicherte dann jedoch nicht mehr die Option der freien Arztwahl, sondern müssen sich von dem Arzt behandeln lassen, den das Krankenhaus dafür bestimmt. Wenn Sie mehr Mitbestimmung wünschen, können Sie die freie Arztwahl bzw. die Chefarztbehandlung gegebenenfalls als kostenpflichtige Wahlleistung bei Ihrer Krankenversicherung dazubuchen.
Datenschutz und Schweigepflicht
Das zwischen Ärzten und Patienten bestehende Vertrauensverhältnis ist durch die ärztliche Verschwiegenheitspflicht geschützt. Doch was umfasst diese eigentlich?
Schweigepflicht – was bedeutet das?
Prinzipiell fällt schon die Tatsache, dass Sie als Patient einen bestimmten Arzt aufsuchen, unter dessen Verschwiegenheitspflicht. Dritten darf der Arzt also nicht bestätigen, dass Sie bei ihm in Behandlung sind.
Folglich sind genauso sämtliche Aufzeichnungen und Dokumente Ihrer Patientenakte für andere Augen tabu. Selbst wenn Befunde an Kollegen weitergegeben werden sollen, müssen Sie Ihren Arzt per Unterschrift im Einzelfall von der Verschwiegenheitspflicht entbinden.
Genauso fallen die Gedanken, die Sie im Gespräch mit dem Arzt über nicht-medizinische Themen äußern, zum Beispiel zu Ihrem Berufs- und Privatleben, unter die ärztliche Verschwiegenheitspflicht. Das gilt auch, falls Sie gegenüber Ihrem Arzt die Krankengeschichte von Familienmitgliedern erwähnen. Außerdem darf ein Arzt Dritten nichts darüber berichten, was er im Rahmen eines Hausbesuchs beobachtet.
Wann ist die Übermittlung von Patientendaten erlaubt?
In festgelegten Fällen dürfen Ärzte bestimmte Patienteninformationen weitergeben. Das trifft auf diese Stellen zu:
- Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung: Diese Stellen erhalten zur Abrechnung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer Praxis bestimmte Informationen. Sie umfassen die persönlichen Daten des Patienten plus eine nach ICD-10-Code verschlüsselte Diagnose.
- Medizinischer Dienst der Krankenkassen: Soll der Medizinische Dienst ein Gutachten erstellen (z. B. zur Arbeitsfähigkeit), erhält er einen Bericht des Arztes.
- Berufsgenossenschaften: Falls die Genossenschaft nach einem Arbeitsunfall als Kostenträger fungiert, erhält sie die persönlichen Daten und die Behandlungsberichte des Patienten.
- Standesamt: Nach der Geburt eines Kindes wird das Standesamt mündlich informiert und erfährt Wohnort und Staatsangehörigkeit der Eltern.
- Gesundheitsämter: Bei meldepflichtigen Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz übermitteln Ärzte je nach Krankheit namentliche oder anonymisierte Falldaten.
Habe ich Recht auf Einsicht in die eigene Patientenakte?
Als Patient haben Sie jederzeit das Recht auf Einsicht in Ihre Patientenakte. Der Behandler muss Ihnen auf Ihre Bitte hin Duplikate der Dokumente und Bilder aushändigen, wofür er einen Auslagenersatz berechnen darf.
Wichtig: Das Recht auf die uneingeschränkte Einsicht in die Patientenakte erstreckt sich im Todesfall des Patienten auch auf dessen Erben. Nur in ganz bestimmten Fällen darf der Behandler die Einsicht verweigern, und zwar falls „der Einsichtnahme erhebliche therapeutische Gründe entgegenstehen“. Dieser Fall könnte unter Umständen während einer Psychotherapie auftreten, wenn Inhalte der Patientenakte den Patienten re-traumatisieren könnten.
Qualität der medizinischen Versorgung
Aus dem Arzt-Patienten-Verhältnis bzw. dem Behandlungsvertrag ergeben sich automatisch Pflichten des Behandlers in Bezug auf die Qualität der Therapie. Laut § 630a Abs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) muss die vereinbarte Behandlung mit Regelmäßigkeit erfolgen und dabei den allgemein anerkannten Standards des jeweiligen Faches entsprechen. Als Patient steht es Ihnen allerdings frei, mit Ihrem Arzt eine alternative Behandlung zu vereinbaren, falls diese Sie eher überzeugt.
Behandlungsfehler und Beschwerdewege
Sollten Sie den Verdacht haben, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, stehen Ihnen zwei Wege der Klärung offen:
- Kontaktieren Sie Ihre Krankenversicherung
Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu angehalten, ihre Mitglieder beim Verdacht eines Behandlungsfehlers zu unterstützen. Falls der Fall also im Rahmen der Leistungen der GKV lag und nicht verjährt ist, ist Ihre Krankenversicherung zuständig. Die Versicherung kann zur Klärung ihrerseits ein Gutachten beim Medizinischen Dienst in Auftrag geben.
- Wenden Sie sich an die Landesärztekammer
Die Landesärztekammern unterhalten Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen, die sich um potenzielle Kunstfehler kümmern. Auf der Internetseite Ihrer zuständigen Landesärztekammer finden Sie Antragsformulare zur Eröffnung eines Verfahrens. Wenn Sie das abschließende Gutachten jedoch nicht überzeugt, sind Sie rechtlich nicht daran gebunden. Sie können dennoch bei Gericht Klage aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers einreichen.
Finanzielle Aspekte der Gesundheitsversorgung
Wo muss ich zuzahlen und was bekomme ich wieder erstattet? Sobald die Gesundheitsversorgung einen wahrnehmbaren Posten des Haushaltsbudgets ausmacht, stellen sich diese Fragen:
Wo besteht eine Zuzahlungspflicht?
Prinzipiell müssen gesetzlich Versicherte bei allem, was über den reinen Arztbesuch hinausgeht, ihren finanziellen Anteil leisten, zum Beispiel für Medikamente, Physiotherapie oder Krankenhaustage. Die Zuzahlung für Medikamente erlassen die Kassen ihren Mitgliedern oftmals aufgrund von Rabattverträgen mit dem Hersteller.
Kostet ein Mittel allerdings über 50 Euro, muss der Patient 10 Prozent des Preises übernehmen. Ebenso muss der Patient bei medizinischen Hilfsmitteln 10 Prozent des Monatsbedarf finanzieren, höchstens jedoch 10 Euro. Auch die Zuzahlung für einen Krankenhausaufenthalt ist auf 10 Euro gedeckelt. Bei der Physiotherapie muss der Patient 10 Prozent der Kosten zuzüglich 10 Euro übernehmen.
Kann ich mich von der Zuzahlung befreien lassen?
Falls die gesammelten Zuzahlungen 2 Prozent Ihres Bruttoeinkommens übersteigen, können Sie sich für das laufende Jahr von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Bei einer chronischen Krankheit sinkt diese Bemessungsgrenze auf 1 Prozent des Bruttoeinkommens. Als chronisch krank gelten Sie, wenn Sie mindestens ein Jahr lang einmal pro Quartal behandelt wurden, zum Beispiel bei Diabetes.
Wer übernimmt die Fahrtkosten?
Krankentransporte müssen vorab vom Arzt verordnet werden, damit sie erstattungsfähig sind.
Ausnahmen: Patienten mit Pflegegrad 4 und 5 oder einer Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen „aG“, „BI“ oder „H“ dürfen für medizinisch notwendige Fahrten zum Arzt oder Zahnarzt auch ohne vorherige Erlaubnis der gesetzlichen Krankenkasse ein Taxi nehmen, für das die Kasse anschließend die Kosten erstattet.
Kommunikation und Information
Laut Patientenrechtegesetz sind Behandler dazu verpflichtet, ihren Patienten die Begleitumstände einer Behandlung verständlich zu erklären – das umfasst explizit die Diagnose und die Therapie(-möglichkeiten).
Diese therapeutische Aufklärung ersetzt nicht die Aufklärung vor einzelnen Behandlungsmaßnahmen. Kommt es im Rahmen der geplanten Therapie dazu, dass die Krankenversicherung als Kostenträger ausfällt und dem Patienten zusätzliche Kosten entstehen, muss der Behandler dies dem Patienten vorab schriftlich mitteilen.
Spezielle Patientenrechte im Pflegebereich
Menschen im Pflegeheim haben ebenfalls definierte Rechte als Patient bzw. Bewohner. Dazu gehört, dass freiheitseinschränkende Maßnahmen stets richterlich genehmigt werden müssen und nicht willkürlich eingesetzt werden dürfen.
Hierzu zählen etwa
- das Fixieren von Bewohnern,
- das Abschließen von Türen sowie
- die Nutzung von GPS-Armbändern.
Angehörige, denen diese und ähnliche Sachverhalte auffallen, sollten die Pflegeheim-Leitung auf die juristische Grundlage der bemerkten Maßnahmen ansprechen.
Fazit: Rechtzeitig über Patientenrechte informieren und diese nutzen
So komplex wie das Gesundheitssystem selbst sind auch die Patientenrechte hierzulande. Generell sollen sie dem Patienten die Behandlung transparent machen und seine Daten vor unbefugtem Zugriff schützen.
Wichtig: Kümmern Sie sich rechtzeitig darum, wer für Sie in medizinischen Fragen wie entscheidet, falls Sie es selbst einmal nicht können. Diese Regelungen sollten Sie schriftlich per Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht fixieren.