Hilfsmittel, Pflegehilfsmittel und digitale Pflegeanwendungen
Was ist was?
Im Alter verändern sich oft die Anforderungen an den Alltag. Was früher mühelos möglich war, kann heute zur Herausforderung werden. Doch dafür gibt es eine Lösung: Hilfsmittel. Ob Rollatoren, Treppenlifte oder digitale Pflegeanwendungen – sie alle tragen dazu bei, die Eigenständigkeit und Lebensqualität zu erhalten. Doch was genau sind Hilfsmittel? Wo liegt der Unterschied zu Pflegehilfsmitteln und was hat es mit digitalen Pflegeanwendungen auf sich? In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und wie diese Ihnen den Alltag erleichtern können.
Hilfsmittel – Unterstützung im Alltag
Hilfsmittel sind praktische Alltagshelfer, die dazu dienen, gesundheitliche Einschränkungen auszugleichen und den Erfolg von Behandlungen zu unterstützen. Gleichzeitig können sie dazu beitragen, drohende Behinderungen zu vermeiden oder bestehende Behinderungen zu kompensieren. Wichtig ist dabei, dass sie den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen. Die Bandbreite reicht von einfachen Alltagsgeräten bis hin zu komplexen technischen Lösungen.
Beispiele für Hilfsmittel
Dies ist eine Auswahl der häufigsten Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern können:
- Hör- und Sehhilfen: Brillen und Hörgeräte verbessern die Wahrnehmung und fördern die Teilhabe am sozialen Leben.
- Prothesen: Prothesen ersetzen verlorene Gliedmaßen und ermöglichen ein hohes Maß an Mobilität.
- Orthopädische Hilfsmittel: Dazu zählen orthopädische Schuhe, Schuheinlagen und Rollstühle, die Bewegung und Mobilität unterstützen.
- Hilfen bei Inkontinenz: Produkte wie Vorlagen oder Stomaversorgungssysteme bieten hygienische Sicherheit im Alltag.
- Medizintechnische Geräte: Inhalationsgeräte, Insulinpumpen oder Infusionssysteme helfen bei der regelmäßigen Verabreichung von Medikamenten.
Kosten und Finanzierung
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übernimmt die Kosten für Hilfsmittel, die im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands aufgeführt sind. Hierbei gibt es klare Vorgaben:
- Zuzahlungen: Gesetzlich Versicherte leisten in der Regel 10 Prozent des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro pro Hilfsmittel. Bei Brillen, Hörgeräten oder auch Einlagen kann sich die Zuzahlung erhöhen. Hier übernehmen die Krankenkassen nur einen Festzuschuss. Liegen die tatsächlichen Kosten höher, müssen Sie als versicherte Person die Mehrkosten selbst tragen.
- Genehmigungspflicht: Viele Hilfsmittel müssen vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. Sanitätshäuser und Fachhändler unterstützen oft bei der Antragstellung.
- Mehrkostenregelung: Entscheidet sich ein Versicherter für ein Hilfsmittel, das über die notwendige Standardversorgung hinausgeht, sind die zusätzlichen Kosten selbst zu tragen. Das kann beispielsweise bei besonders hochwertigen oder optisch ansprechenden Varianten der Fall sein.
Falls Sie auf finanzielle Hilfe angewiesen sind oder Ihre Zuzahlungen im Jahr mehr als 2 Prozent Ihres Einkommens (bei chronisch Kranken: 1 Prozent des Einkommens) ausmachen, können Sie sich unter bestimmten Voraussetzungen von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass niemand übermäßig belastet wird.
Wichtig: In der PKV gelten andere Zuzahlungsregelungen
Wenn Sie privatversichert sind, weichen die Zuzahlungsregelungen von denen der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Wie viel Sie selbst zuzahlen müssen, hängt dabei von Ihrem gewählten Tarif und dem Erstattungskatalog (analog zum Hilfsmittelverzeichnis der Krankenkassen) ab. Informieren Sie sich im Vorfeld, welche Kosten auf Sie zukommen könnten.
Beantragung und Auswahl
Der Weg zu einem passenden Hilfsmittel beginnt mit einer ärztlichen Verordnung, die die medizinische Notwendigkeit nachweist. Anschließend können Sie den Antrag bei der Krankenkasse stellen. Ein paar wichtige Hinweise:
- Eine Beratung ist entscheidend: Nutzen Sie die Expertise von Sanitätshäusern, um eine passende Lösung zu finden, die Ihre individuellen Bedürfnisse erfüllt.
- Standardversorgung prüfen: Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für das Standardmodell eines Hilfsmittels. Wenn Sie spezielle Funktionen oder Designs wünschen, sollten Sie sich über die Mehrkosten und deren Nutzen gut informieren.
- Mietmodelle: Für technische Hilfsmittel wie Rollstühle oder Betten gibt es häufig die Möglichkeit, diese zu leihen, was die finanziellen Belastungen senken kann.
Weitere Hinweise
Hilfsmittel sind ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Versorgung und tragen dazu bei, die Lebensqualität zu steigern. Wichtig ist, frühzeitig den Bedarf zu erkennen und die richtige Unterstützung zu beantragen. Rücksprache mit der Krankenkasse und Fachberatung helfen, die bestmögliche Versorgung zu sichern.
Pflegehilfsmittel – Wenn Pflege nötig wird
Diese Hilfsmittel leisten unverzichtbare Dienste, wenn es darum geht, die Pflege von Angehörigen zu erleichtern und die Lebensqualität von Pflegebedürftigen zu verbessern. Im Gegensatz zu allgemeinen Hilfsmitteln wie Rollatoren oder Greifhilfen sind Pflegehilfsmittel speziell für den Einsatz in der Pflege entwickelt. Sie können sowohl die körperliche Belastung der Pflegenden verringern als auch die Sicherheit und den Komfort der Pflegebedürftigen erhöhen.
Beispiele für Pflegehilfsmittel
Die wichtigsten Pflegehilfsmittel und ihrer Funktionen:
- Pflegebetten: Elektrisch verstellbare Betten ermöglichen es, die Höhe und Position der Liegefläche anzupassen. Sie erleichtern das Aufstehen, Hinlegen und die Durchführung von Pflegetätigkeiten.
- Anti-Dekubitus-Matratzen und Sitzkissen: Diese speziellen Hilfsmittel verteilen den Druck gleichmäßig, um Druckgeschwüre (Dekubitus) bei immobilen Personen zu verhindern.
- Inkontinenzmaterialien: Dazu zählen aufsaugende Hilfsmittel wie Windeln oder Bettschutzunterlagen sowie Zubehör für ableitende Inkontinenz, wie Katheter.
- Hebelifter und Aufstehhilfen: Sie helfen dabei, Pflegebedürftige sicher zu heben und zu transferieren, zum Beispiel vom Bett in den Rollstuhl.
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Zu den gängigsten Verbrauchsartikeln gehören Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel, Schutzschürzen und Betteinlagen. Diese Produkte sind essenziell für die tägliche Hygiene und den Infektionsschutz.
Kosten und Finanzierung
Pflegehilfsmittel können hohe Kosten verursachen, weshalb die Pflegeversicherung viele dieser Ausgaben übernimmt. Hier eine Übersicht:
- Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Pflegebedürftige mit einem anerkannten Pflegegrad erhalten einen monatlichen Zuschuss von bis zu 40 Euro für Verbrauchsartikel.
- Technische Pflegehilfsmittel: Dazu gehören Pflegebetten, Hebelifter und Anti-Dekubitus-Matratzen. Die Pflegekasse übernimmt den größten Teil der Kosten, jedoch wird eine Zuzahlung von 10 Prozent erhoben, mindestens 5 Euro und maximal 10 Euro pro Hilfsmittel.
- Leihe statt Kauf: Viele technische Pflegehilfsmittel können auch ausgeliehen werden, was die finanzielle Belastung erheblich senkt. Die Kosten für die Miete übernimmt in der Regel die Pflegekasse.
- Härtefallregelungen: Personen mit geringem Einkommen können sich unter bestimmten Voraussetzungen von Zuzahlungen befreien lassen. Die jährliche Belastungsgrenze liegt bei 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens, bei chronisch Kranken sogar bei 1 Prozent.
Tipp:
Bewahren Sie alle Belege und Dokumente sicher auf, um Nachweise für Ihre tatsächlichen Kosten zu haben. Eventuell fallen Sie unter die Härtefallregelung oder können die Kosten als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend machen.
Beantragung und Tipps zur Auswahl
Die Beantragung von Pflegehilfsmitteln ist unkompliziert. Ein Arzt stellt eine Verordnung aus, die bei der Pflegekasse eingereicht wird. Alternativ können Pflegeberater oder Pflegestützpunkte Sie dabei unterstützen.
Wir haben einige Tipps zusammengetragen, die Ihnen die Beantragung und Auswahl von Pflegehilfsmitteln erleichtern:
- Beratung nutzen: Lassen Sie sich von Sanitätshäusern oder Pflegediensten beraten, welche Produkte für Ihre individuelle Situation geeignet sind.
- Auswahl prüfen: Die Pflegekasse übernimmt meist die Kosten für sogenannte „Standardmodelle“. Wenn Sie ein Hilfsmittel mit zusätzlichen Funktionen wünschen (etwa ein Pflegebett mit Massagefunktion), tragen Sie die Mehrkosten selbst.
- Regelmäßige Überprüfung: Der Bedarf an Pflegehilfsmitteln kann sich ändern. Lassen Sie sich regelmäßig beraten, ob neue oder andere Hilfsmittel sinnvoll sind.
Zusatzleistungen und Fördermöglichkeiten
Neben der Kostenübernahme durch die Pflegeversicherung gibt es weitere Fördermöglichkeiten. Beispielsweise können Zuschüsse für Wohnumfeldverbesserungen (z. B. Badumbau oder Treppenlifte) beantragt werden. Die Pflegekasse stellt hierfür einmalig bis zu 4.000 Euro zur Verfügung, wenn der Umbau die Pflege erleichtert. Auch die KfW stellt im Rahmen ihres Förderprogramms „Altersgerecht umbauen – Kredit“ (Nr. 159) und „Barrierereduzierung“ (Zuschuss Nr. 455-B) zusätzliche Fördermittel für Wohnumfeldverbesserungen bereit.
Digitale Pflegeanwendungen – Die Zukunft der Pflege
Die Digitalisierung hat längst Einzug in die Pflege gehalten und bietet zahlreiche Möglichkeiten, den Alltag für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu erleichtern. Digitale Pflegeanwendungen, oft auch als „DiPAs“ bezeichnet, sind innovative Technologien, die nicht nur die Pflege effektiver machen, sondern auch die Eigenständigkeit der Betroffenen fördern können.
Beispiele für digitale Pflegeanwendungen
- Notrufsysteme: Dazu zählen tragbare Geräte oder Apps, mit denen in einer Notsituation per Knopfdruck Hilfe gerufen werden kann. Besonders beliebt sind Systeme mit Sturzerkennung.
- Medikations-Apps: Diese Anwendungen erinnern an die Einnahme von Medikamenten, warnen vor Wechselwirkungen und helfen bei der Dokumentation der Medikation.
- Pflegeroboter: Roboter wie „Pepper“ oder „Paro“ übernehmen einfache Aufgaben, unterstützen bei körperlicher Pflege oder bieten Gesellschaft, um Einsamkeit zu lindern.
- Sensorbasierte Überwachungssysteme: Intelligente Sensoren, die Bewegungsmuster und Vitaldaten erfassen, warnen bei ungewöhnlichem Verhalten (z. B. Sturz) oder informieren Angehörige.
Kosten und Finanzierung
Seit 2022 gibt es mit dem Digitale-Pflegeanwendungen-Gesetz (DiPA-Gesetz) eine gesetzliche Grundlage, die es Pflegebedürftigen ermöglicht, digitale Anwendungen über die Pflegekasse abzurechnen. Voraussetzung ist zum einen ein anerkannter Pflegegrad. Die Pflegekasse stellt monatlich bis zu 50 Euro für die Nutzung digitaler Pflegeanwendungen sowie ergänzende Unterstützungsleistungen zur Verfügung. Eine weitere Bedingung ergibt sich daraus, dass die gewünschte digitale Pflegeanwendung im sogenannten DiPa-Verzeichnis eingetragen ist. Aktuell (Stand: Ende 2024) befindet sich das Verzeichnis noch im Aufbau, wie der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu entnehmen ist.
Einige Anwendungen wie etwa Notrufsysteme oder Medikamenten-Apps können zudem über private Anbieter bezogen werden. Hier sind die Kosten variabel und hängen von den Funktionen und dem Anbieter ab. Einige Sanitätshäuser und Pflegeanbieter bieten zudem Mietmodelle an, die eine kostengünstige Alternative darstellen.
Vorteile digitaler Pflegeanwendungen
Die Vorteile dieser Technologien liegen klar auf der Hand:
- Mehr Sicherheit: Sensoren und Notrufsysteme reduzieren das Risiko von Unfällen und ermöglichen eine schnellere Reaktion in Notfällen.
- Selbstständigkeit fördern: Viele Apps und Geräte ermöglichen es, alltägliche Aufgaben wie die Medikamenteneinnahme oder die Terminplanung eigenständig zu erledigen.
- Entlastung der Angehörigen: Digitale Hilfen übernehmen Aufgaben wie die Überwachung von Vitalwerten oder die Organisation von Pflegeplänen.
- Mehr Lebensqualität: Technologien wie Pflegeroboter oder interaktive Anwendungen können für Abwechslung sorgen und Einsamkeit entgegenwirken.
Herausforderungen und Hürden
- Technikaffinität: Nicht jede ältere Person ist mit digitalen Geräten vertraut. Hier sind einfache, intuitive Bedienkonzepte gefragt.
- Datenschutz: Die Speicherung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten erfordert hohe Sicherheitsstandards, um Missbrauch zu verhindern.
- Verfügbarkeit und Kosten: Noch sind viele Anwendungen teuer oder nur eingeschränkt verfügbar. Eine stärkere Förderung könnte hier helfen.
Tipps zur Einführung digitaler Pflegeanwendungen
- Schrittweise Einführung: Starten Sie mit einfachen Anwendungen, um Berührungsängste abzubauen.
- Beratung nutzen: Viele Anbieter bieten Testphasen oder Einweisungen an. Nutzen Sie diese, um die Geräte oder Apps besser kennenzulernen.
- Fördermöglichkeiten prüfen: Erkundigen Sie sich bei Ihrer Pflegekasse, ob die gewünschte Anwendung förderfähig ist.
Digitale Pflegeanwendungen bieten eine vielversprechende Zukunft für die Pflege – sie können den Alltag nicht nur erleichtern, sondern auch eine Brücke zwischen Pflegebedürftigen und Angehörigen schlagen. Wichtig ist jedoch, die Möglichkeiten individuell anzupassen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen.
Gut versorgt für mehr Lebensqualität
Hilfsmittel, Pflegehilfsmittel und digitale Pflegeanwendungen sind wertvolle Unterstützungen, die den Alltag erleichtern, Sicherheit bieten und die Eigenständigkeit fördern können. Ob klassische Hilfsmittel wie Rollatoren, technische Pflegebetten oder smarte Apps – die richtige Auswahl ist entscheidend. Nutzen Sie Beratungsmöglichkeiten und Förderungen, um die passende Lösung für Ihre individuellen Bedürfnisse zu finden und Ihre Lebensqualität zu sichern.